Home » Im Gespräch » Rollkur & Co.? Politisches Nachspiel für Chefin des NRW-Landgestüts

Rollkur & Co.? Politisches Nachspiel für Chefin des NRW-Landgestüts

(Update 19.05.21: Kristina Ankerhold räumt die Spitze des Landgestüts)

(Update 18.05.21: Im Gespräch mit Rechtsanwalt Nils Michael Becker zum #NRWLandgestütGate)

(Update 18.05.21: Forderung nach personellen Konsequenzen und eine Untersuchungskommission)

(Update 16.05.21: Landgestüt hebt Film- und Fotoverbot wieder auf)

(Update 15.05.21: Affäre zieht weitere politische Kreise)

Die Causa Kirstina Ankerhold, der Chefin und Landestallmeisterin des nordrhein-westfälischen Landgestüts, wird ein politisches Nachspiel haben. Im zuständigen Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des NRW-Landtages, wird das Thema bei der nächsten Sitzung auf der Tagesordnung stehen. Doch der Reihe nach.

Kurz vor Mitternacht veröffentlichte die FN gestern eine Pressemitteilung, in der sie ankündigte, zu den Vorwürfen gegen das Landgestüt und deren Leiterin Stellung beziehen zu wollen. Konkret geht es um einen Vorfall, der schon am 13. April stattgefunden hat. Unter Anleitung von Kirstina Ankerhold wurden zwei junge Hengste geritten. Das beobachteten auch die Teilnehmer des Pferdewirtschafts-Meisterlehrgangs und waren entsetzt und, so ist in der FN-Pressemitteilung nachzulesen, „beurteilten die Trainingssequenzen mit den beiden Hengsten als inakzeptabel und tierschutzrelevant.“ Einige Teilnehmer filmten das und so gelangten die Aufnahmen zur FN und hier auf den Schreibtisch von Thies Kaspareit, dem Leiter der Ausbildungsabteilung. „Wir sind dann so vorgegangen, wie wir das auch auf dem Turnier machen: Den Reiter  – und in dem Fall auch die Gestütsleiterin – ansprechen und aufklären“, sagte Thies Kaspareit heute gegenüber den Dressur-Studien. Kirstina Ankerhold habe zwar eingeräumt, das dies fachlich nicht richtig gewesen sei, eine Tierschutzrelevanz würde sie aber nicht sehen.

Landgestüt NRW. Foto: Wikipedia/Landgestüt NRW

Da die aufgenommen Videos nicht veröffentlich worden sind, fragten wir Thies Kaspareit, was denn nun darauf zu sehen sei? Rollkur oder (was nur eine umschmeichelnde Bezeichnung für eine abgeschwächte Rollkur ist) ein Low-Deep-Round? „Wir nutzen beide Begriffe nicht, sondern orientieren uns an den Kriterienkatalog von Trainingssituationen. Was wir auf den Videos gesehen haben, findet sich jedoch alles in der rechten Spalte unter „Nicht pferdegerecht – sofortiger Handlungsbedarf!“ wieder“. In dieser Spalte sind unter anderem folgende Punkte zu finden:  „Zunge abgeklemmt, blau angelaufen; gezielt durch Einwirkung erzeugte Extremhaltung und deren Fixierung oder auch: fortlaufend extrem tiefe Kopfposition in Verbindung mit enger Kopf-Hals-Haltung“.

Nachdem Thies Kaspareit und Kristina Ankerhold in dem Gespräch zu keiner Einigung gefunden hätten, habe man ein praktisches Treffen vereinbart – zu dem es bisher aber noch nicht gekommen sei, so der Ausbildungsleiter, was er aber für sehr wichtig halte, denn: „Die dem Landgestüt angegliederte deutsche Reitschule in Warendorf ist zwar mit der FN nicht organisatorisch verbunden, aber: Sie ist die zentrale Ausbildungsstätte für Berufsreiter in Deutschland und deshalb muss zwischen uns ein gemeinsames Verständnis über die Reitlehre herrschen.“

Kirstina Ankerhold hat dagegen für das Landgestüt schon Konsequenzen gezogen: Offenbar ist das Filmen und Fotografieren auf dem öffentlichen Gelände nun komplett untersagt.

Thies Kaspareit findet immerhin eines positiv: „Immer mehr Menschen legen Wert auf einen pferdegerechten Umgang und zeigen da auch Rückgrat – so wie die anwesenden Reiter, die uns den Fall gemeldet haben.“

Die FN möchte in dem Fall für Transparenz sorgen und hat deshalb den Vorfall der Disziplinarkommission des Pferdesportverbands Westfalen gemeldet, der dafür zuständig ist: „Wir wollen nicht den Eindruck entstehen lassen, dass wir den Fall intern regeln, sondern von außen begutachten lassen.

Möglicherweise wird hier noch mehr Interesse von Außen entstehen. Auf Nachfragen der Dressur-Studien erklärte der nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete Norwich Rüsse (Bündnis90/Die Grünen), und seines Zeichens Sprecher für seine Fraktion im zuständigen Umweltausschuss, dass er die Causa Kirstina Ankerhold nicht auf sich beruhen lassen wolle. Denn das Landgestüt ist eine Institution des Landes und wird entsprechend finanziert: „Das Landgestüt hat eine absolute Vorbildfunktion. Wenn nicht hier, wo sonst sollte eine sehr gute pferdegerechte Ausbildung zu finden sein? Ich bin sehr enttäuscht, dass unser Landgestüt so in die Schlagzeilen gerät“, und er ergänzt: „Es geht gar nicht, dass die Leiterin jetzt als Konsequenz das Filmen und Fotografieren verbietet – und das in einer öffentlich geförderten Einrichtung. Das wirkt wie ein ‚präventives Vertuschen'“.

Norwich Rüsse hat angekündigt, das Thema in die nächste Ausschusssitzung einzubringen – die ist allerdings erst in vier Wochen.

Unsere Anfragen an das Landgestüt, das zuständige Ministerium und an CDU, FDP und SPD blieben bisher unbeantwortet – doch dies mag auch dem heutigen Feiertag geschuldet sein. Weitere Positionen und Antworten werden wir hier ergänzen. #NRWLandgestütGate

(Update 15.05.21: Affäre zieht weitere politische Kreise)

(Update 16.05.21: Landgestüt hebt Film- und Fotoverbot wieder auf)