Home » Neuigkeiten » Bundestierärztekammer: Übernahme der FEI Regeln wäre ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz

Bundestierärztekammer: Übernahme der FEI Regeln wäre ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz

Auch die Bundestierärztekammer hat nun klar Position bezogen, was eine Übernahme der laxen FEI-Dopingregeln durch die deutsche FN betrifft: Dies wäre ein Verstoß gegen das deutsche Tierschutzgesetz und die FN würde damit gegen ihre eigenen ethischen Grundsätze verstoßen, lautet das eindeutige Fazit.

Mehr Informationen finden Sie in unserem Artikel, den wir gestern veröffentlicht haben.

 

Hier die Erklärung im Wortlaut:

Stellungnahme der Bundestierärztekammer zu FN diskutiert Übernahme der FEI-Verbotslisten
Nach einer geringfügigen Angleichung des nationalen an das internationale Regelwerk dürfen Pferde seit 2011 mit einem Magensäurehemmer und Stuten mit einem Rossehemmer auch während eines Turniers behandelt werden. Der Präsident der FN (Deutsche Reiterliche Vereinigung e.V.) Breido Graf zu Rantzau kommentierte damals: Die FN halte an dem Leitgedanken fest, dass Pferde im Wettkampf frei von wirksamen Substanzen sein müssen und, dass bedingt durch die ethischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen, in Deutschland eine weitergehende Anpassung an die Regeln der FEI Internationale Reiterliche Vereinigung) derzeit ausgeschlossen sei.
Im Zuge einer erneuten Überprüfung ihrer Verbotslisten steht für die FN nun trotz dieses damaligen Kommentars wieder zur Diskussion, ob die Verbotslisten der FEI (EPSL = Equine Prohibited Substances List) in Gänze in ihre ADMR (Anti-Doping- und Medikamentenkontroll-Regeln) übernommen werden können, da sich die nationalen und internationalen Verbotslisten in wesentlichen Punkten deutlich unterscheiden: 

– Die Verbotslisten der FN ordnen Substanzen, nach ihrer Wirkweise gruppiert, der Dopingliste oder der Liste der unerlaubten Medikation zu.
– Die Verbotsliste der FEI unterscheidet ebenfalls in Dopingsubstanzen (banned substances) und kontrollierte, im Wettkampf verbotene Medikation (controlled medication), ordnet aber sämtliche Substanzen, die nach Ansicht der FEI beim Pferd angewendet werden können, der Liste der kontrollierten Medikation zu, während alle anderen Substanzen als Doping eingestuft werden. Auf diese Weise erfolgt die Zuordnung der Substanzen in die jeweilige Liste, ungeachtet ihrer im Wettkampf manipulativen Potenz und ungeachtet der Gebote der Chancengleichheit und des Tierschutzes sowie des Schutzes vor Missbrauch und Manipulation. Dopingsubstanzen werden dabei umgestuft auf die Liste der im Wettkampf verbotenen Medikation, wie beispielsweise Sedativa [Anxiolytika, Antipsychotika], einige Diuretika [maskierende Substanzen] und Opioide [Analgetika].
– Die nach einer Listenübernahme seitens der FN erwartete deutliche Reduzierung der Dopingfälle (und damit das Maß der verhängten Sanktionen) würde nicht eine Abnahme der absoluten Anzahl detektierter verbotener Substanzen bedeuteten, sondern nur eine den Umstufungen entsprechende Verschiebung der „Fälle“ zugunsten der „Controlled medikation“. So würde nach der Umstufung von den 15 bei Medikationskontrollen gemäß ADMR detektierten Dopingsubstanzen der vergangenen vier Jahre (17,2 % der positiven Proben), nach den Kriterien der EPSL nur noch eine als Dopingsubstanz eingestuft werden (1,2 % der positiven Proben).
– Bei Übernahme der EPSL würde bei Medikationskontrollen auf Substanzen getestet, die auf den Verbotslisten stehen. Nicht gelistete Substanzen hingegen wären im Wettkampf erlaubt und würden nicht kontrolliert (z.B. Antibiotika, Gastrika, GnRH-Agonisten). 
– Substanzen, die gemäß Arzneimittelgesetz (AMG) für den Einsatz im Pferd nicht zugelassen sind, würden im Rahmen der Medikationskontrollen nicht untersucht und auch nicht verfolgt (z.B. Cimetidin). Damit läge bei Anwendung solcher Substanzen zwar eindeutig ein Verstoß gegen das AMG vor, das AMG würde durch Unterbleiben der Kontrollen „unterlaufen“. 
– FEI und FN haben teilweise unterschiedliche Nachweisgrenzen für Substanzen festgelegt. Dabei ist auffallend, dass die Nachweisgrenzen der FEI für einige Substanzen höher sind (siehe z. B. Lidocain, Mepivacain, Dexamethason, Triamcinolon, Methylprednisolon, Butylscopolamin). Das bedeutet, die Pferde könnten zeitlich näher am Wettkampf behandelt und dadurch unter Wirkung von Medikamenten im Wettkampf eingesetzt werden, ohne befürchten zu müssen, dass das Pferd nach den nun moderateren FN Nachweisgrenzen (und damit kürzeren Nachweiszeiten) positiv getestet wird. Die Übernahme der Liste der “Controllled Medication Substances“ steht unserem nationalen Recht also insofern entgegen, als die Pferde, wie aus der „FEI List of Detection Times“ ersichtlich ist, z. T. unter Wirkung von
Medikamenten am Wettkampf teilnehmen könnten. Damit würde gegen § 3 1.a des Tierschutzgesetzes (TierSchG) verstoßen. Ferner würden dadurch die FN-eigenen „Ethischen Grundsätze“ in wesentlichen Punkten (Grundsätze 3 und 8) völlig missachtet.
– Da eine Reihe von Substanzen und Substanzgruppen durch die EPSL nicht verboten ist, wäre die Übernahme der EPSL ein weiterer Schritt (nach Altrenogest, Omeprazol etc.) zur im Wettkampf erlaubten Medikation.
Fazit: Die Übernahme der EPSL durch die FN wäre eine Entscheidung, die dem Gebot, das Wohlbefinden der Pferde zu schützen, widerspricht. Im Einzelnen kann es zu Verstößen sowohl gegen das TierSchG als auch gegen das AMG führen. Ferner würden die FN-eigenen „Ethischen Grundsätze“ in wesentlichen Punkten genauso völlig missachtet, wie die Leitlinien Tierschutz im Pferdesport.
Die Bundestierärztekammer und die Gesellschaft für Pferdemedizin sind mit der Deutschen Reiterlichen Vereinigung über ihre pharmakologischen, tierschutz- und arzneimittelrechtlichen Bedenken gegen die Übernahme der weniger restriktiven internationalen Bestimmungen sowie über die Wiederaufnahme einer bundesweiten Rahmenvereinbarung über den tierärztlichen Turnierdienst im Gespräch.

Die Bundestierärztekammer ist eine Arbeitsgemeinschaft der 17 Landes-/Tierärztekammern in Deutschland. Sie vertritt die Belange aller rund 37.000 Tierärztinnen und Tierärzte, Praktiker Amtsveterinäre, Wissenschaftler und Tierärzte in anderen Berufszweigen, gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit auf Bundes- und EU-Ebene.

 

Mehr Informationen finden Sie in unserem Artikel, den wir gestern veröffentlicht haben.