Dieser Kommentar hätte beinahe positiv begonnen. Mit den jüngsten Bemühungen des Dänischen Reiterverbandes (DRV), endlich härter gegen Pferdemissbrauch vorzugehen. Aber dann überschlugen sich die
Ereignisse – wieder einmal.
Der dänische Verband erlebt seit dem Winter 2023 stürmische Zeiten: Erst wird Andreas Helgstrand gesperrt, nachdem verdeckte Aufnahmen Tierquälerei in seinem Stall offenbarten. Dann der Olympia-Verzicht von Carina
Cassøe Krüth, nachdem ein Video sie beim Misshandeln eines Pferdes zeigte. Immerhin: Der Verband reagierte und verbietet ab September die Kandare in den unteren Klassen. Ein Tropfen auf den heißen Stein? Vielleicht. Denn das Problem ist selten das Gebiss, sondern meist die Hand, die es führt. Dennoch ist es ein Zeichen, ein Bemühen. Andreas Helgstrand selbst? Der darf seit dem Frühjahr wieder starten. Strafe abgesessen.
Auch die FEI bewegte sich und fällte (endlich) ihr Urteil gegen César Parra: 15 Jahre Sperre für unsägliche, jahrelange Pferdequälerei. Während die einen die „härteste Strafe der FEI-Geschichte“ bejubelten, fragten sich andere, inklusive mir: Wenn nicht dieser Mann, wer sonst verdient eine lebenslange Sperre?
Und dann, nur wenige Tage später die Nachricht, die wie eine Bombe einschlug: Isabell Werth, die Ikone des Dressursports, vertieft ihre Kooperation mit ebenjenem Andreas Helgstrand. Sie wird auf ihrer Anlage eine Hengststation für ihn betreiben und seine Pferde ausbilden. Werths Anlage wird zur deutschen Dependance von Helgstrand Dressage. Die erfolgreichste Reiterin der Welt, Seite an Seite mit einem Mann, dessen Name für einen der Reitsportskandale der jüngeren Zeit steht.
Ein Vorbild für den deutschen Sport? Ist denn alles egal, solange die Medaillen glänzen? Oder ist hier einfach nur jeder moralische Kompass verloren gegangen?
Als wäre das nicht genug, landet einen Tag später eine Pressemitteilung zur WM der jungen Dressurpferde auf meinem Tisch. Die Kernaussage: Ein gutes Drittel aller Finalisten stammt von Hengsten der Stationen Paul Schockemöhle und Andreas Helgstrand ab.
Solange die Geschäfte derart prächtig laufen, scheint die Debatte über Moral und Anstand im Pferdesport dann wohl überflüssig. (cls)