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Parasiten-Paradies oder Pferde-Picknick?

Nahrungsquelle oder Parasiten-Paradies?

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Fotos: Maren Jonasdofsky

Spätestens im Frühsommer, wenn das erste satte Grün von den Weiden abgegrast ist und sich kahlgefressene neben hochaufgeschossenen, verunkrauteten Stellen zeigen, die Disteln dezent sprießen und sich die Äppelhaufen nicht mehr ignorieren lassen, stellt sich die Frage: Lasse ich meine Weide zur reinen Bewegungsfläche werden oder soll sie ihre Weidefunktion – also auch als Nahrungsquelle für die Pferde -über mehrere Jahre behalten? Wer sich bei dieser Frage für den Faktor „Weide“ entscheidet, kommt leider nicht umhin, sich mit dem Thema „Weidepflege“ auseinander zusetzen.

Schlechte Weidetiere
Tatsache ist, dass Pferde aus landwirtschaftlicher Sicht ziemlich schlechte Weidetiere sind. Sie sind nicht nur wählerisch, was das Grünzeug angeht, sie legen auch noch Trampelpfade an, knabbern die Grasnarbe bis zum Boden herunter und obendrein galoppieren sie auch noch auf der Wiese herum, dass die Erdbrocken nur so fliegen.

All das trägt nicht dazu bei, über längere Zeit eine vielseitige, gesunde, geschlossene Grasnarbe zu erhalten. Selbst auf großen Flächen – die nur wenigen Pferdehaltern wirklich zur Verfügung stehen – bilden sich bei fehlender menschlicher Kontrolle schnell Trampelpfade zu beliebten Futter-, Wasser- oder Schattenstellen und sogenannte Geilstellen: „Toiletten“-Bereiche mit der Tendenz ins Uferlose, in die Pferde ihre Nase zum Grasen garantiert nicht mehr hineinstecken.

Zwei Pferde pro Hektar

Wer eine Weide anlegt, kann einiges berücksichtigen, um sich die spätere Pflege zu erleichtern: Es ist sehr hilfreich, die Weide so einzuzäunen, dass sie auch mit größeren Maschinen leicht befahrbar ist, also die Tore groß genug sind und Wendekreise einkalkulieren. Sind die Pferde ausschließlich auf der Koppel gilt zum Beispiel eine Faustregel von 2 Pferden pro Hektar, empfohlen wird aber allgemein das Einrichten von sogenannten Portionsweiden: Eine große Weide, die in kleinere Stücke unterteilt wird und die Pferde so nach und nach die Fläche abgrasen.

Portionsweiden

Die Unterteilungen für Portionsweiden sollten abbaubar oder mobil sein – bei den heutigen leistungsstarken Elektrozäunen ist das eigentlich kein Problem mehr. Ideal für die spätere Nutzung ist die Einteilung in vier „Portionen“. Deren Größe sollte so gewählt werden, dass die Pferde sich etwa eine Woche darauf aufhalten können, ohne das Gras bis auf den Erdboden abgeweidet zu haben – hier sind die persönlichen Stall-Erfahrungswerte gefragt und auch die individuelle Nutzungsintensität spielt eine Rolle: Drei Pferde, die täglich drei Stunden auf der Weide sind, benötigen eine kleinere Fläche pro Woche als zwei Pferde, die zehn Stunden täglich draußen unterwegs sind. Die Pferde „rotieren“ auf den Portionsweiden, so hat jede abgeweidete Parzelle eine Ruhepause von drei Wochen, in der sich die Grasnarbe erholen, aufgeschossenes Gras gemäht und evtl. ausgebrachter Dünger von den Pflanzen gut verwertet werden kann. Auch bleibt so ohne allzu grossen Termindruck genügend Zeit für die Weidepflege neben der sonstigen anfallenden Arbeit.

Faustregel

Als Faustregel gilt, dass das Gras auf einer Pferdeweide nicht höher als etwa 30 Zentimeter, aber auch nie niedriger als etwa fünf Zentimeter werden sollte – der absolute und wohl nur selten realisierbare Idealfall.

 

Diese Weide sieht auf den ersten Blick doch ganz einladend aus, oder?

 

Bei genauerer Betrachtung bleibt von dem schönen ersten Blick nichts mehr übrig: Statt Gras nur Unkraut, hier können sich Pferde nicht ernähren, sondern nur noch etwas austoben. Nicht wenige Pferde langweilen sich auf solchen Flächen nach kurzer Zeit und kommen auf die abenteuerlichsten Ideen – hier empfiehlt sich auf jeden Fall – wie eigentlich immer- ein besonders ausbruchssicherer Zaun.

 

 

 

 

 

 

Die ersten Arbeiten des Jahres fallen unmittelbar nach der Winterpause an. Sobald der Boden nach den Winterfrösten befahrbar ist, sollte die gesamte Weide erst einmal gewalzt werden, damit für die Wurzeln später zu Beginn der Vegetationsperiode ein guter „Bodenschluss“ gegeben ist. Je nach Beschaffenheit der Weide sollte man eine Nachsaat ins Auge fassen, was am einfachsten in Form einer sogenannten „Übersaat“ im März/April stattfindet.

 

Qualitätsstandard – Mischungen für Grünland

Bezeichnung

A2

G I

G II o

G III o

G V

Einsatzempfehlung

Einjährige Nutzung

Frühjahrs-Ansaat

frisch-feucht

extensive Nutzung

Alle Standorte

Mähweide

Bessere Standorte,

intensive Nutzung

Nachsaaten

Art

Gewichtsanteil in %

Einjähriges Weidelgras

33

Welsches Weidelgras

67

Deutsches Weidelgras

Reifegruppe:        früh

3

13

20

30

mittel

3

20

26

30

spät

4

20

27

40

Wiesenrispe

10

10

10

Rotschwingel

10

Wiesenlischgras

17

17

17

Wiesenschwingel

47

20

Weißklee

6

Aussaatstärke kg/ha:

45

30 – 40

30 – 40

30 – 40

 

Empfehlung der Landwirtschaftskammer Hannover für Grünlandansaat, zusätzlich gibt es viele Saatgut- und Kräutersaatmischungen speziell für Pferde auf dem Markt

Handarbeit

Bei kleineren Flächen ist das auch per Hand machbar, es erfordert aber eine gewisse Übung. Die Weide wird vorher mit einer grobzinkigen Egge oder ähnlichem abgeschleppt, der Boden dadurch gelüftet und für nötige Kalk- oder Düngergaben bzw. die Übersaat geöffnet und eventuell vorhandene Maulwurfshügel eingeebnet. Es ist durchaus möglich, der ersten Frühjahrsdüngung die Grassaat beizumischen und so Düngung und Nachsaat in einem Arbeitsgang zu erledigen.

Hat man eine stark vernachlässigte Weide übernommen, auf der es außer Disteln, Brennnesseln, Ampfer und Kletten kaum noch anderes Grün gibt, sollte man über eine komplette Neuansaat nachdenken, also umpflügen und/oder – wer’s vertreten mag- der Einsatz von Herbiziden und neu ansäen – die Weide ist dann als solche allerdings erst im Folgejahr nutzbar.

Bodenprobe

Jetzt ist auch die richtige Zeit für eine Bodenprobe, die etwa alle fünf Jahre durchgeführt werden sollte und Aufschluß über die Zusammensetzung des Bodens und damit den Düngebedarf gibt und für den evtl. Einsatz von Spritzmitteln zur gezielten Unkrautvernichtung.

Ab Mitte April/Anfang Mai gilt dann die Weidesaison je nach Witterung allgemein als eröffnet:. Die Parzellen sind abgesteckt, der äußere Zaun kontrolliert, repariert, und die etwa eine Woche zuvor entwurmten Rösser stürmen das Grün. Nach einer Woche werden die Pferde von Parzelle I auf Parzelle II „weitergeschoben“.

Unkraut

Bei kleineren Flächen heißt es dann „Ran an die Schubkarre“ und die Pferdeäpfel per Hand absammeln – zum einen verhindert man so die bei Pferden sehr unbeliebten Geilstellen und es vermindert auch das Parasitenrisiko. Deutlich sichtbare unerwünschte Einzelunkräuter wie Ampfer oder Disteln sollten mit einem Spaten abgestochen oder ausgraben werden. Zumindest müssen sie aber bodentief abgeschnitten werden, um in jedem Fall eine Aussaat zu verhindern, unter Umständen muss man mit der Sense oder auch maschinell größere Flächen mähen.
Nachdüngen sollte man einmal, am besten während einer Regenperiode Ende Juni/Anfang Juli

Kuhgesellschaft

Ideal wäre es, wenn zusätzlich zu den Pferden ein paar Kühe über die Pferdeweide geschickt werden könnten, wie es in den bäuerlichen Pferdezuchten in Schleswig-Holstein zum Beispiel oft praktiziert wird. Rinder haben nämlich keine Probleme mit den Geilstellen, die die Pferde übrig lassen und hinterlassen eine gleichmäßig abgegraste Fläche. In reinen Pferdepensionsbetrieben ist das aber oft nicht möglich.

Der oben genannte Rhythmus aus Abweiden, Umweiden, „Abäppeln“ und Ausmähen/Unkrautkontrolle setzt sich während der gesamten Weidezeit fort, bis zum Herbst, wenn die Weidesaison sich langsam dem Ende zuneigt.

Sollten sich während des Jahres doch größere Lücken in der Grasfläche zeigen, weil die Pferde zum Beispiel während einer Nässeperiode mehr Schaden angerichtet haben als gedacht, kann im August nochmals eine Nachsaat erfolgen. Bei allen Nachsaaten sollte man im Hinterkopf behalten, dass die volle Wirkung erst im nächsten Jahr zu bemerken sein wird.

Größere Betriebe werden sich über kurz oder lang überlegen, ob sich diese doch recht zeitaufwendigen Arbeiten nicht von einer Maschine erledigen lassen – es gibt einige Geräte auf dem Markt, die sich dafür eignen, wie z.B. der „Grasshopper“ der Firma Amazon.

Selber organisieren

Manchmal ist das Unterteilen einer Weide beim besten Willen nicht möglich – sei es, dass das Stück Grünland dann einfach zu klein ist oder man selbst, zum Beispiel in einem Pensionsstall, als Pferdehalter keinen Einfluss darauf nehmen kann.

Was in solchen Fällen in jedem Fall möglich sein sollte, ist, das regelmäßige Absammeln des Mistes zu organisieren, zur Not in Eigenregie und Handarbeit, sowie auf eine möglichst gleichzeitige Entwurmung des Pferdebestandes zu dringen. Wer bei jedem Gang auf die Koppel dann noch mit einem Taschenmesser einer Distel oder einem Großen Ampfer den Garaus macht hat schon einiges gewonnen, besonders, wenn das Beispiel Schule macht.

Fortbildung

Viele Pferdehalter und „Weidepfleger“ haben als Quereinsteiger keinen direkten Bezug mehr zur Landwirtschaft. Wer sich in den Anfangsjahren unsicher ist, ob er die richtige Saatmischung für die Pferdeweide ausgesucht hat oder Fragen zu Bodenproben, Düngung und regionalen Besonderheiten (Wasserschutzgebiete, Moor- oder Lehmboden usw.) hat, der sollte sich, falls vorhanden, mit einem erfahrenen Landwirt aus der Nachbarschaft oder mit dem zuständigen Amt für Landwirtschaft unterhalten. Hier werden auch Grünlandseminare oder andere hilfreiche Lehrgängen zu dem Thema angeboten.

Zu Überlegen ist auch, ob und wo man sich evtl. nicht vorhandene Maschinen und Geräte leihen kann oder ob es sinnvoll ist, nur einmal im Jahr anfallende größere Arbeiten wie das Mulchen im Herbst oder die Nachsaat im Frühling einem Lohnunternehmen in Auftrag zu geben.

Weide nicht glattziehen

Wenig empfehlenswert ist aber eine andere, maschinelle Methode:
Das einfache Glattziehen der Weide im Frühjahr, ohne vorheriges Absammeln des Pferdemistes. Abgesehen davon, dass das den Parasitendruck enorm erhöht, bzw. vor allem in frostarmen Gebieten einfach über eine größere Fläche verteilt, ist das auch aus wirtschaftlicher Sicht kontraproduktiv.
Während gut abgelagerter, verrotteter Mist nämlich ein hervorragender und durch die bei der Rotte entstehende Hitze auch nahezu wurmeierfreier Dünger ist, entzieht unverrotteter bzw. frischer Pferdemist dem Boden während des Zersetzungsprozesses Stickstoff. Da dieser aber einer der wichtigsten Pflanzennährstoffe ist, muss er dem Boden dann zusätzlich künstlich zugeführt werden.

Sinnvoller ist also den Mist abzusammeln, zu kompostieren bzw. verrotten zu lassen und dann als dünne Düngerschicht auszubringen. (Maren Jonasdofsky)

Weiterführende Literatur:

• „Praxishandbuch Pferdeweide“ von Ingolf Bender, Kosmos Verlag, 220 S.,

ISBN 3-440-09248-8, 29,90 EUR

• „Handbuch Pferdeweide“ von Alexandra Stupperich, Kosmos Verlag, 133 S.,

ISBN 3-440-07471-4, 19,90 EUR

Bestell-Nr. 126-1287, 1,50 EUR www.aid.de