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Michaela Kronenberger: „Mit emotionaler Stärke Ausbildungsfrust auflösen“ 

Der Traum vom eigenen Pferd beinhaltet oft Hoffnungen, Sehnsüchte oder spezielle Wünsche: In der Passage über das Dressurviereck schweben, den Speedtrail in der Working-Equitation meistern, Rinder cutten oder stundenlang durch die unberührte Natur bummeln. Nur zu schnell zerplatzen diese Träume und Ausbildungsfrust stellt sich ein. Statt Fortschritt nur Rückschritt und das erhoffte Ziel scheint plötzlich unerfüllbar geworden zu sein.

Michaela Kronenberger. Foto: privat

Wenn die Ausbildung zum Frust wird, finden meist verschiedenste Reittechniken, gesundheitliche Einschränkungen oder rassespezifische Besonderheiten des Pferdes Beachtung. Für Coach und Trainerin Michaela Kronenberger gibt es jedoch noch einen ganz anderen Aspekt. Die Autorin und Pferdewirtschaftsmeisterin Reiten hat den Umgang mit Ausbildungsfrust für die Dressur-Studien aus emotions-psychologischer Sicht beleuchtet und ihre Gedanken dazu aufgeschrieben.

 

Teil I: Ursachen für Ausbildungsfrust

 

Wenn es nicht nach Plan läuft

Jedem Problem gehen stets Erwartungen und blitzschnelle Bewertungen voraus. Daraus resultieren oft unbewusste, subjektive Ängste und irrationale Gedanken. Je nachdem, was wir denken, wird das Gehirn neuronal verändert und Hormone ausgeschüttet. Diese Vorgänge bestimmen unsere innere Haltung und Energie. Sie wirken sich unmittelbar auf das Pferd, sein Verhalten und unseren eigenen Stresspegel aus.

Sobald die Ausbildung nicht wie gewünscht verläuft, erkennen unser Verstand und das Ego des Reiters die Symptome im Außen. Doch die Ursache hat bereits vorher im Innen stattgefunden. Sie ist in Überforderung, Stress, Angst, Gereiztheit, Resignation, Unsicherheit, Kontrollverlust, Exklusivitätsanspruch und dem Streben nach Perfektionismus zu suchen. All diese Energien schwächen zudem die Leistungsbereitschaft des Pferdes, machen es stress- und auch verletzungsanfällig.

Jede Erwartung hat ihren Ursprung in psychologischen Grundbedürfnissen, anhand derer Reiter ihr Training, ihre Pferdehaltung, ihr Sein mit dem Pferd und auch ihre Werte zum Pferdesport ausrichten oder nicht ausrichten. An diesen Bedürfnissen sind eigene oder unreflektiert angeeignete Überzeugungen gekoppelt. Diese werden im emotionalen Gedächtnis abgespeichert und sind in der Lage, das Gehirn zu täuschen. Jeder Gedanke erzeugt Veränderungen im Gehirn. Er produziert Ergebnisse in Form von Handlungen auf und mit dem Pferd. Das Gehirn kann dabei nicht unterscheiden, ob es nur Einbildung oder Realität, echt oder unecht, gut oder schlecht ist. Das Ego macht dagegen erhebliche Unterschiede. An ihm liegt es auch, wenn die Ausbildung nicht den erwarteten Verlauf nimmt.

 

Es ist unsere Entscheidung!

Wird ein Bedürfnis wie Anerkennung, Selbstbestimmung, Zugehörigkeit oder Selbstverwirklichung nicht erfüllt, ist das Ego sauer, gekränkt und verletzt. In der Folge werden Schutzmechanismen aktiv. Diese sollen die eigene Unzulänglichkeit verstecken. Negative oder frustrierte Erwartungen befeuern im Reiter negative Emotionen und blockieren den Plan des Verstandes. Der Fokus auf das Ziel geht verloren. Genau an dieser Stelle kann die Entscheidung getroffen werden, welcher Weg eingeschlagen werden soll: Möchte ich das Ziel weiterhin mit positiver Energie, Geduld, Gelassenheit und Vertrauen des Pferdes erreichen? Oder lasse ich zu, dass stattdessen negative Emotionen, Stress und Leistungsdruck die Führung übernehmen. Die Folgen beim Pferd sind Misstrauen, Ausdruckslosigkeit und erlernte Hilflosigkeit.

 

Trigger bestimmen den Weg der Reitqualität

Trigger sind immer dann aktiv, wenn uns etwas nicht gefällt, weil es unseren Erwartungen nicht entspricht. Wir nehmen oft selbst die Bewertung vor, dass etwas anders als geplant oder erhofft verläuft. Wir haben uns selbst enttäuscht. Solche Situationen können wir nicht akzeptieren, da in einer Leistungsgesellschaft immer andere die Schuld haben müssen. Dieses Verhalten lernen wir schon mit unserer Erziehung. Statt neutral die Situation zu betrachten, beginnt das emotionale Drama. Da das Gehirn ein Leben lang mitlernt, lernt es, die gegebene Lektion, die Anforderung oder den aktuellen Ausbildungsstand direkt negativ abzuspeichern. Beim Nächsten ähnlichen Reiz bietet mir das Gehirn dieses „negative“ Verhalten als Lösung an. Für das Ego ist das wiederum eine Katastrophe. Es will auf jeden Fall vermeiden, als unfähiger Reiter oder schlechter Pferdebesitzer ertappt zu werden. Das neuronale System und das emotionale Gedächtnis schütten weiter negative Emotionen aus, die Übersicht und Gelassenheit verhindern. Der Reiter ist in einer unbewussten Negativspirale.
Die Lösung liegt in einem Umdenken. Wie funktioniert die Psyche? Wie funktionieren Emotionen und Gedanken? Was hat meine Psyche mit meinem Reiten zu tun? Grundsätzlich müssen Reiter lernen, ihre verletzten Bedürfnisse und Trigger zu erkennen und so ihre Emotionen zu steuern. Wir sind ihnen nicht ausgeliefert. Das Gehirn kann Einfluss auf die Zufriedenheit nehmen. Je positiver die Erwartung, desto besser die Leistung und desto mehr wird das Belohnungszentrum angesprochen sowie die eigene Motivation gesteigert.

 

Teil II: Umgang mit Rückschritten, Misserfolgen und Selbstzweifeln

 

Ohne positive Emotionen ist die beste Strategie nichts wert

Wer kennt das nicht: Trotz eines genauen Plans, wird das gewünschte Ziel nicht erreicht. Verantwortlich dafür können unsere Emotionen sein. Sie sind es, die den Plan des Verstandes schachmatt setzen und den Willen entmachten oder bei Nutzung von positiven Emotionen für Erfolgsgefühle sorgen. Egal wie sehr der Reiter an eine Strategie glaubt, solange er im Unterbewusstsein zweifelt oder negative Emotionen seine Strategie begleiten, wird jede Strategie unwirksam. Dies passiert, weil der Reiter eher der Strategie vertraut, als sich selbst. Es liegt in der Natur des Menschen, immer sein Bestes geben zu wollen. Wenn etwas nicht planmäßig verläuft, liegt es nicht am schlechten Tag oder daran, dass der Reiter es hätte besser machen können, sondern daran, dass sein Bestes noch nicht für diese Situation das Geeignete war. Aber es ist und bleibt sein Bestes. Denn hätte er etwas anderes zur Auswahl gehabt, wäre das sein Bestes gewesen.
Wer seinen Kopf in den Griff kriegen will, sollte dies nicht über weitere „Kopftechniken“ versuchen. Stattdessen muss er sich über seine eigene innere Ausrichtung bewusstwerden. Ist diese gerade problemorientiert oder lösungsfokussiert? Was hat das Problem mit dem eigenen Ego zu tun? Lernfortschritte entstehen, sobald der Reiter begreift, dass Reiten ein Prozess ist und kein fertiges Produkt. Reiten ist niemals abgeschlossen. Es ist bunt und vielfältig. Es ist nicht perfekt, sondern eine anzustrebends Match zweier Lebewesen auf dem Weg zu Harmonie durch wahrhafte Verbindung. Es geht im Reitsport um Präzision, diese lässt immer Unikate zu!

 

Erfolg oder Misserfolg – die Sichtweise entscheidet

Die Schubladen-Bewertung erschafft Erfolg oder Misserfolg. Biopsychisch und neurowissenschaftlich betrachtet ist alles im Leben für das Gehirn ein Lernen. Nichts ist ein Misserfolg. Das Ego kann da die Dramatik ganz gelassen herausnehmen, indem er das Geschenk hinter dem Lernen erkennt: Jetzt weiß der Reiter mit hoher Wahrscheinlichkeit, wie es nicht funktioniert. Das ist die Chance, sein nächstes Verhalten zu optimieren! Besonders die Superemotion „Mitgefühl“ kann den fordernden Umgang mit ihm selbst und anderen verändern. Mitgefühl trainiert das Gehirn, weniger Stress und Angst zu empfinden und dafür mehr Wohlwollen für sich selbst zu haben.

Misserfolg löst zwei evolutionsbedingte Ur-Ängste aus: Ablehnung und Ausgrenzung. Ohne Zugehörigkeit gibt es kein Überleben. Besonders im Reitsport geht es heute um das gesellschaftliche Überleben. Sobald jeder um seine Daseinsberechtigung kämpft, hat das fatale Folgen. Der Erfolg ist existentiell geworden. Nur wer Erfolg hat, hat Recht. Eine Goldmedaille hat schon manchen Kritiker und Zweifler zum Schweigen gebracht. Dem Gehirn ist es egal, an was der Mensch glaubt, aber an was geglaubt wird, formt die eigene Psyche und Wirklichkeit. Daher gilt es, weise zu wählen, was das Gehirn glauben soll.
Erfolg wie auch Misserfolg sind ein Konstrukt der Vorstellungskraft. Und von dieser Vorstellungskraft haben Menschen 90 Prozent mehr als Rationalität. Die Vorstellung von Misserfolg lässt sich entkräften, indem der Reiter das Learning dahinter entdeckt. Dazu ist es notwendig, negative Emotionen, die einen Misserfolg begleiten, zu entkoppeln. Eine schlechte Note ist kein Misserfolg. Sie stellt lediglich die Sichtweise eines fremden Menschen in einer Momentaufnahme dar. Sie sagt weder etwas über den Reiter noch über sein Pferd aus. Nur er selbst weiß, was er bisher geschafft hat. Dessen sollte er sich immer bewusst sein. Passende Leitsätze wären: „Ich glaube an mich. Mein Tag wird kommen, wenn mein Pferd soweit ist, mir zu vertrauen.“ Sobald dem Reiter sein Vertrauen in sich selbst wichtiger wird, als das Gerede oder die Beurteilung anderer, wird es keinen Misserfolg mehr geben. Ab diesem Tag wird er sogar eine Inspiration für andere sein. Die negativen Gedanken und Emotionen über Misserfolg verschwinden. Zukünftig wird der Reiter einen Ritt, der nicht das erhoffte Ergebnis brachte, rational neutral analysieren. Diese Bewertung erfolgt emotionslos, also ohne Bewertungen und Abwertungen! Selbstkritik ist dagegen nie emotionslos. Selbstkritik sorgt psychisch dafür, dass der Reiter sich klein macht oder die Macht über sein Wohlbefinden an andere abgibt, die ihn mit Fremdkritik klein machen wollen. Erst die Selbstreflektion macht den Unterschied für die eigene Psyche. Selbstreflektion ist eine Super-Ressource. Sie ist neutral und wohlwollend. Wird sie eingesetzt, kommt der Reiter gar nicht erst in krankmachenden oxidativen Stress.

 

Selbstzweifel und Demotivation

 

Das Problem bei Selbstzweifeln und Demotivation liegt auf der emotional-psychischen Ebene. Motivation hat etwas mit Dopamin und Serotonin zu tun. Sie sorgen für Antrieb. Der Körper schüttet körpereigene Opiate, die sogenannten Endorphine, aus. Die Erinnerung daran sorgt für neue Motivation. Um diesen Prozess zu erreichen, hilft wieder die Selbstreflektion: Was nehme ich wahr? Wie ist mein Sinneserleben? Was fühle ich? Wie bewerte ich es? Wie schaffe ich es, dass ich jetzt am Problem festhalte? Welcher innere Antreiber wirkt unbewusst bei mir? Die eigenen Gefühle müssen wahrgenommen, benannt und akzeptiert werden. Erst dann kann der Reiter Ressourcen entwickeln, damit umzugehen. Die negativen Gefühle dürfen nicht weggedrückt oder überbewertet werden. Der Reiter lernt, nicht gegen sich selbst und seine Psyche zu kämpfen, sondern sie wohlwollender im Sattel Platz nehmen zu lassen. Das stärkt die innere Haltung, weil er Freund mit sich selbst wird.

Eine Fokusänderung verhindert Rückschritte


Sobald der Fokus geändert wird, gibt es keine „Rückschritte“ mehr. Der Fokus liegt nur auf den Energiegebern wie Stärken, Ressourcen, Unterstützer oder Setting. Energie folgt dem Fokus. Dieser filtert die Wahrnehmung. Die Wahrnehmung beeinflusst das Empfinden. Der Körper folgt Gedanken, folgt Emotionen und andersherum. Alles bedingt sich wechselseitig. Die Frage bei Unzufriedenheit lautet immer: Was brauche ich jetzt, damit es mir gut geht? Oftmals macht das Setting den entscheidenden Unterschied, um den Erwartungsdruck zu mildern oder Antriebslosigkeit zu überwinden. Dieses Setting kann rein gedanklich sein, sich im Handeln widerspiegeln oder ein anderes Umfeld beinhalten. In jedem Fall geht es um das Energiemanagement: Die Überzeugung haben, die Dinge unter Kontrolle zu haben, selbst dann, wenn sie nicht unter Kontrolle sind.

 

Teil III: Wut, Ärger, Enttäuschung und Angst begegnen


Emotionen erkennen und zulassen

Zuerst einmal ist es wichtig zu verstehen, dass Emotionen nicht weggedrückt werden können. Sie kommen wieder. Der Reiter muss lernen, sich bewusst zu werden, um welche Emotion es sich gerade tatsächlich handelt, die seine Leistung, Handlungsfähigkeit oder Kommunikation zum Pferd blockiert. Leider wird das weder in der Schule noch in der Ausbildung zum Reiter-Sein gelehrt. Das beste Beispiel ist das Tabuthema Angst. Unbefangenheit, Leichtigkeit und Neugier motivieren die ersten Erfahrungen mit dem Pferd. Angst wird plötzlich erlernt. Diese soll dann unterdrückt werden, denn weder ein Reiter darf Angst zeigen – ein richtiger Sportler oder gar Profi schon gar nicht – noch ist es gut für das Pferd. Menschen lernen, sich hinter Sekundäremotionen zu verstecken. Da kein Verstand gern zugibt, Angst zu haben, entwickelt er Schutzstrategien, die Angst abzulehnen, sie nicht fühlen zu müssen. Machtstreben, Perfektionismus, Exklusivitätsansprüche oder Hilflosigkeit sind solche Schutzmechanismen. Das funktioniert auch bis zu jenem Moment, wo die Angst so mächtig wird, dass sie im entscheidenden Moment plötzlich und unerwartet auftaucht.

Der Verstand sucht immer im Außen einen Schuldigen für seine Ergebnisse und auch Nicht-Ergebnisse. Darum geht es aber weder im Leben noch beim Reiten. Es geht um Verantwortung. Der erste Schritt ist, zu erkennen, was der eigene Anteil am Ergebnis ist. Denn kein anderer kann Emotionen auslösen. Das ist gehirnmechanisch und biopsychologisch schlicht nicht möglich. Emotionen können immer nur bei sich selbst ausgelöst werden. Wann und wie stark sie ausgelöst werden, bestimmen eigene innere Trigger basierend auf Glaubenssätzen, die so fest verankert sind, dass sie als Gedanken nicht wahrgenommen werden, aber immer Einfluss auf die Selbstwirksamkeit haben.
Der Reiter muss lernen, mit den stark ausgeprägten Anteilen umzugehen und sie zu steuern, indem er seine Stressoren findet. Anschließend muss er die Gedanken hinterfragen und die gekoppelten Emotionen wahrnehmen, sie fühlen und annehmen, um zu entscheiden, wie lange sie bleiben dürfen. Das geht beispielsweise mit Obwohl-Sätzen: „Obwohl ich mich mal wieder über mich selbst ärgere, liebe ich den Prozess des Reiten-lernens und wähle ab sofort, meinem Pferd mehr Zeit zu geben; gelassener zu bleiben; mir mehr Leichtigkeit zu erlauben; meinen Fokus auf Präzision (erreichbar und messbar) statt Perfektion (Illusion, nicht messbar im Reitsport) zu legen. Die Handlungsfähigkeit wird durch Bewusstheit unmittelbar wiederhergestellt.
Eine andere Methode ist die „Sowohl-als-auch-Technik“: Dabei werden sowohl die negative Emotion angenommen als auch rational eine Superemotion wie Stolz, Freude, Dankbarkeit oder Liebe gewählt. Superemotionen sind immer mächtiger als negative Emotionen. Sollten innere Widerstände, Druck oder Perfektionismus die Gelassenheit blockieren, ist es außerdem Zeit, die Glaubenssätze zu hinterfragen. Warum darf etwas nicht so sein, wie es ist? Ist das, was ich denke, der Beweis, dass es niemals anders machbar ist?

Scham entkatastrophisieren

Die Emotion Scham weckt subjektive Ängste: „Die Scham, kein guter Reiter zu sein, Fehler zu machen oder als schlechter Reiter ertappt zu werden“ Hier kann das Worstcase-Szenario helfen. Der Reiter stellt sich vor, was im schlimmsten Fall passieren könnte. Am Ende steht die Erkenntnis, dass die Vorstellungskraft auch mal einen Liebesfilm statt einen Horrorfilms drehen darf.

Achtsamkeitsübungen können helfen


Bei starken negativen Emotionen helfen Achtsamkeitsübungen. Bei der Ressourcenfindung werden zum Beispiel mit den Stärken und besonderen Fähigkeiten Reitprobleme gelöst. Eine weitere Möglichkeit ist die Wahrnehmungssteuerung mit den Sinnesorganen, um im Hier und Jetzt zu bleiben. Der Reiter nimmt dabei seine Umwelt bewusst wahr, indem er zum Beispiel den Geruch des Pferdes wahrnimmt, sein Fell fühlt oder auch die Buchstaben in der Reithalle ganz genau betrachtet.
Bei der bilateralen Stimulation werden zeitgleich unterschiedliche Gehirnbereiche angesprochen durch unterschiedliche Tonfrequenzen. Hierfür gibt es spezielle Musikstücke. Über Augenbewegungen kann der Vagusnerv aktiviert werden. Ein Beispiel dafür wäre, einen beweglichen Punkt zu fixieren, der sich in unterschiedlicher Geschwindigkeit von rechts nach links bewegt. Die Augen folgen dem Reiz, während der Kopf unbeweglich bleibt. Diese entkoppelte Augenbewegung sorgt für schnelle Entspannung, die einen Angstreiz hemmen. Nur unter Entspannung sind Assoziationsketten zu neutralisieren. Emotionale Belastungen sinken und Verklebungen durch den Stresstransmitter Noradrenalin lösen sich. Weitere Übungen können auch unter dem Stichwort Neuroathletik gefunden werden.
Eine weitere bewährte Methode ist die Bauchatmung. Sie ist unauffällig, kann überall ausgeführt werden und als Anker zum Beispiel in allen Übergängen, im Schritt, vor dem Einritt beim Turnier oder der Landephase nach dem Sprung trainiert werden. Die wichtigste Anti-Stressformel lautet: Bei Atemübungen den Fokus auf die lange Ausatmung legen. Sie ist zentral für die gesamten Körperfunktionen – auch für die Konzentration. Fehlt die richtige Atmung, kann dies ursächlich für Blackouts sein.

Es gibt keinen Knopf zum Ausschalten von Emotionen. Reiter können nur Bewusstheit trainieren und das ursächliche emotionale und unbewusste Schockerlebnis auflösen. Wo entstand die Überforderung? Wann erlebte ich die Kränkung das erste Mal? Wo sicherte ich durch Anpassung oder Rebellion mein Überleben? Was ist mein „Ich bin“? Erkennen, ertappen, reflektieren, neuer Blickwinkel, entscheiden, neu wählen, neue Erfahrungen mit positiven Emotionen machen, um alte neuronale Netzwerke zu überschreiben oder neue Netzwerke auszubauen. Im Gehirn umlernen durch neue Bewertungen, ist die Lösung.

Pferde sind keine Therapeuten. Wer die Zeit mit seinem Pferd nicht mehr genießen kann, sollte sich Coaching-Hilfe holen. In dieser Situation muss der Reiter zwingend lernen, dass nicht Kopf gegen Herz, sondern Herz mit Kopf im Reitsport das fehlende Puzzleteil bildet! Erfolg mag im Kopf beginnen, nur wird er dort auch sterben, wenn der Reiter nicht erkennt, wie er in all seine psychischen Prozesse kommt, um reiterlich für sein Pferd den entscheidenden Unterschied zu machen.

Kurz erklärt

 

Ego ist die psychische Instanz, die immer Recht haben will, was Besseres oder exklusives sein will, anderen die Schuld gibt, Vorwürfe, Entwertungen und Verurteilungen vornimmt und sich oftmals benachteiligt oder in der Opferrolle sieht. Das Ego ist Interpretation des eigenen „Ich bin“ und „Du bist“, die für Identifikation und Selbstbild sorgt.

Emotionen sind je nach wissenschaftlicher Betrachtung biochemische und psychische Prozesse, die stets subjektiv und in unterschiedlichen Akzentuierungen erlebt werden, Empfinden und Kognition auslösen und physische Prozesse in Gang setzen. Emotionen führen immer zu Verhalten oder Nicht-Verhalten.

Neuronen sind spezielle Nervenzellen des Gehirns. Ständig nehmen Milliarden dieser Zellen Informationen auf und bewerten diese. Sie steuern nicht nur den reibungslosen Ablauf der Organfunktionen, sondern sind auch für das Verhalten des Menschen, seine Empfindungen und Gefühle, verantwortlich.

Trigger steht im Sinne der Psychologie für bestimmte Sinneseindrücke, die an unangenehme Erinnerungen, Gefühle und negative Erfahrungen erinnern und Gedanken auslösen. Solche Trigger können bestimmte Wörter oder eine Kritik, Orte, Gerüche, körperliche Merkmale sowie Zeitpunkte sein.

Der Vagusnerv verbindet das Gehirn mit dem Bauchraum. Er spielt bei verschiedensten Abläufen im Körper, wie zum Beispiel Verdauung, Herz oder Nervensystem eine Rolle. Er gehört zum Parasympathikus. Durch die Aktivierung des Vagusnervs kann zum Beispiel Stress abgebaut werden.

 

Mehr zu Michaela Kronenberger finden Sie unter www.michaela-kronenberger.de

 

Lesetipps:
Michaela Kronenberger: „Selbstbewusst Reiten. Das Arbeitsbuch für emotionale Stärke im Reitsport“, FN-Verlag, 2023

Michaela Kronenberger: „Glücklich mit meinem Pferd – Die 7 Schlüssel zum emotionalen Erfolg“, FN-Verlag, 2021