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Ausbildung nach Plan: Die dritten sieben Tage

Von Sandra Will

Jetzt wird es Zeit, sich allmählich mit einer dressurmäßigen Haltung des Pferdes auseinander zusetzen. Vielleicht geht Ihr Pferd leicht und willig am Zügel aber vielleicht hat es auch allerlei Einwände dagegen, sodass es gerade im Gelände zu mühsam erscheint, darauf zu bestehen. Der Plan für diese Woche sieht vor, sich mit diesem Thema zu beschäftigen.

Tag 15
Am einfachsten ist es für alle Beteiligten, die ersten Übungen zur Nachgiebigkeit auf das Gebiss vom Boden aus vorzunehmen. Dafür ist eine Position frontal vor dem Pferdekopf erst einmal sinnvoll – später geht es auch, sich neben den Pferdekopf zu stellen und den äußeren Zügel über den Hals zu führen. Zunächst hakt man von vorn die Daumen in die Trensenringe und probiert aus, wie viel Druck ausgeübt werden muss, um das Pferd dazu zu animieren, das Maul zu öffnen und zu kauen. Bitte vorher das Reithalfter so locker schnallen, dass dies dem Pferd leicht möglich ist. Es ist sinnvoll auszuprobieren, in welche Richtung (nach oben in den Maulwinkel oder nach hinten gegen die Laden) das Gebiss bewegt werden muss, um entweder nur ein Kauen des Pferdes oder auch ein Nachgeben im Genick zu erreichen. In der Regel löst ein leichter Zug nach oben in die Maulwinkel das Kauen aus und der leichte Druck nach oben/hinten ein Nachgeben im Genick. Sollte das nicht der Fall sein, ist das eine wichtige Hausaufgabe, die von nun an vor jedem Reiten geübt werden sollte.
Genauso wird danach trainiert, dass das Pferd dem Gebiss auch nach oben und unten, rechts und links folgt. Also führen Sie den Pferdekopf mit der Hand ganz zum Boden, oder heben Sie ihn mit impulsartigem, sanftem Zupfen ganz nach oben. Ebenso sollte das Pferd auf Anforderung den Kopf weit nach rechts und links nehmen, wobei darauf zu achten ist dass sich das Genick des Pferdes nicht verkantet. Dafür ist es wichtig, immer an beiden Trensenringen, bzw. mit beiden Zügeln zu arbeiten, denn der äußere Zügel stabilisiert die Biegung.
Worauf es ankommt:
Sobald das Pferd wie gewünscht reagiert, muss der Druck auf das Gebiss sofort nachlassen. Hier ist eine schnelle Reaktion des Menschen wichtig. Zu lang anhaltender Druck würde sonst Gegendruck erzeugen. Überschwängliches Stimmlob kann auch niemals schaden, und ein Leckerli zählt bei diesen Übungen nicht zu den unerlaubten Dopingmitteln!

Tag 16
Falls die Übungen vom Boden schon gut geklappt haben, geht jetzt dasselbe auch vom Sattel aus – zunächst im Stand. Von der Lehrbuchanweisung, dass die Hand des Reiters ganz still zu stehen hat, weicht dieses Vorgehen zwar etwas ab – aber wer sanft und vorsichtig agiert, kann auch ausnahmsweise einmal die Hände in größeren Bahnen bewegen, um herauszufinden, worauf das eigene Pferd am besten reagiert – in diesem Falle also kaut. Wie sollte ein Gespräch zustande kommen, wenn das Pferd nicht mit dem Reiter „reden“ möchte?
Worauf es ankommt:
Wichtig ist, die gewünschten Reaktionen – Kauen, Beizäumen, Heben, Senken, rechts und links Biegen – sicher abrufen zu können.

Tag 17
Weil die Nachgiebigkeit auf das Gebiss so wichtig ist, gönnen wir uns noch einen weiteren Tag der Vertiefung. Jetzt ist es an der Zeit, das Ganze auch schon im Schritt auf geraden und gebogenen Linien auszuprobieren. Im Gelände sollte unbedingt ein sehr ebener Weg gewählt werden, denn für das Pferd werden ungewöhnliche Haltungen erzeugt, die sein Gleichgewicht herausfordern. Es sollte nicht auch noch auf Unebenheiten im Weg achten müssen. Wer sich sicher fühlt, kann das auch im Trab und Galopp probieren. Wenn es nicht klappt, geht’s zurück in die nächste tiefere Gangart, zum Halten oder auch wieder an den Boden.
Worauf es ankommt:
Es lohnt sich, diese Übungen ausgiebig zu betreiben, da sie sich später unbedingt bezahlt machen. Das Pferd lernt sehr genau über Annehmen und Nachgeben, was ihm das Gebiss sagen soll.

Tag 18
Wenn die beschriebenen Übungen immer besser klappen und das Pferd zufrieden kauend der Reiterhand folgt, sollten die Hände des Reiters allmählich wieder zur Normalposition zurückkehren und es wird Zeit, sich auch wieder auf den übrigen Sitz und die Hilfengebung mit Beinen und Gewicht zu besinnen. So ist es sinnvoll, dem Pferd nun beizubringen, dass ein sanft umfassender Schenkeldruck von unten nach oben die Aufforderung ist, im Genick nachzugeben und sich beizuzäumen. Geschickt mit den angelernten Hilfen der Hand kombiniert, können die Zügelhilfen im Laufe der Zeit immer dezenter werden, um eine sichere Beizäumung herzustellen. Geübt wird zuerst im Schritt, denn in Bewegung fällt es dem Pferd leichter, und der Weg sollte wiederum eben sein. Vorsichtig werden die Zügel jetzt aufgenommen und sachte so weit verkürzt, bis das Pferd, zufrieden kauend, am Zügel geht. Das Anlegen der Schenkel nicht vergessen! Diese Arbeitshaltung wird für zehn oder 20 Meter eingehalten, ehe das Pferd durch das Öffnen der Finger und das sanft vortreibende Bein animiert wird, sich wieder abzustrecken. Auf jeder langweiligen Schrittstrecke des Ausritts kann diese Übung wunderbar wiederholt werden.
Worauf es ankommt:
Zügel- und Schenkelhilfen müssen zeitlich koordiniert werden. Dies erfordert anfangs eine hohe Aufmerksamkeit des Reiters für das eigene Tun. Die Hand darf nicht nach rückwärts ziehen oder nach unten gegen das Reiterbein gestemmt werden. Geduld ist nötig – atmen Sie tief durch, oder lauschen Sie den Vogelstimmen, wenn sich Unmut breit zu machen droht!

Tag 19
Hat das Zügelaufnehmen und wieder Aus-der-Hand-laufen-lassen im Schritt gut geklappt, bringt der Trab jetzt etwas mehr Schwung in die Sache.
Worauf es ankommt:
Achten Sie einmal auf den Takt: Bleibt das Pferd immer in derselben Geschwindigkeit und im selben Takt, egal ob die Zügel lang oder kurz sind?

Tag 20
Heute ist es sinnvoll, eine größere Fläche zur Verfügung zu haben, denn das Zügelaufnehmen und Aus-der-Hand-kauen-lassen wird nun auch auf der Biegung trainiert. In Zirkeln, Schlangenlinien und großen Volten kann die Zügellänge variiert werden. Die Beine des Reiters legen sich in diesen Biegungen immer passend um: inneres Bein liegt normalerweise am Gurt, äußeres Bein ist leicht zurückgenommen und verhindert, dass die Hinterhand des Pferdes aus dem gewünschten Kreisbogen ausfällt.
Worauf es ankommt:
Der äußere Zügel darf in Biegungen nie durchhängen. Mit dem äußeren Zügel wird die äußere Schulter des Pferdes begrenzt. Außen muss also zwar soweit nachgegeben werden, dass das Pferd die äußere Halsseite dehnen kann, jedoch nicht soweit, dass der Kontakt zum Pferdemaul verloren geht.

Tag 21
Ob auf einem Ausritt oder in einer Bahn: Heute werden Gangarten, Tempi, Geraden und Biegungen miteinander kombiniert und dabei das Zügelmaß immer wieder variiert. So werden z.b. Volten einmal rechts herum am aufgenommenen Zügel geritten, dann dieselbe Volte mit nach vorwärts-abwärts gedehntem Pferd. Danach das Pferd wieder aufnehmen, Volte links, zweite Volte links mit gedehntem Pferd. Pferd wieder aufnehmen, antraben, 20 Meter ausgesessen traben, dann ins Leichttraben übergehen und Zügel aus der Hand kauen lassen. 20 Meter später das Pferd wieder aufnehmen, aussitzen, durchparieren zum Schritt. Schlangenlinien über die gesamte Wegbreite im Schritt am aufgenommenen Zügel reiten, dann antraben und dasselbe im Trab. Pferd danach gerade richten und wahlweise die Zügel im Trab aus der Hand kauen lassen oder erst zum Schritt durchparieren. Na, raucht der Kopf schon? Langweilige Ausritte? Jetzt nicht mehr!
Worauf es ankommt:
Lässt sich ein Pferd ungern wieder aufnehmen, sollte ein denkender Reiter sich nicht auf ein Tauziehen einlassen, sondern die Nachgiebigkeit über eine Biegung des Halses, nötigenfalls auch über eine extreme Halsbiegung wieder herstellen. Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass das Pferd für die Beizäumung den Hals dehnen muss. Das fällt manchen Pferden sehr schwer. Statt sofort beidseitig die Dehnung zu verlangen, ist es deshalb oft leichter, erst einmal einseitig zu dehnen.