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Ausbildung nach Plan: Das Arbeitsprogramm für die erste Woche

 

Von Sandra Will

Nennenswerte Schwierigkeiten haben Sie mit ihrem Pferd eigentlich nicht. Nur das Gefühl, dass das Pferd irgendwie steif und unrittig ist. Ja, es ist im Prinzip in jeder Gangart wie gewünscht reitbar – aber der Bremsweg vom Galopp in den Trab oder auch vom Trab zum Schritt ist doch recht lang geworden. Um Kurven schrammt der Vierbeiner vorzugsweise als hätte er eine Bahnschwelle verschluckt und die Bewegungsrichtung „seitwärts“ und „rückwärts“ scheint einen Getriebeschaden zu haben. Sie kommen zwar überall hin mit ihrem Pferd aber Leichtigkeit und Spaß bleiben auf der Strecke. Vielleicht ist auch die Kondition nicht so gut.
Höchste Zeit für ein durchdachtes Gymnastik- und Gehorsamsprogramm für Pferd und Reiter!

Was Sie benötigen werden:
Bodenarbeit:
Stabiles Halfter mit Führ-Kette wie Tellington oder Seilhalfter oder nicht zu dick gepolsterter, gut sitzender Kappzaum .
Mindetens drei Meter langes Seil, Führstrick o.ä.
Gerte, ja nach Pferdegröße zwischen 1,20 und 1,40m
Handschuhe
Bequeme Schuhe, je nach Jahreszeit wasserfest!
Reiten:
Ein gut angepasster Sattel, in dem alle Gangarten geritten werden können
Eine Zäumung auf Trense oder mit einer trensenähnlichen Wirkung.
Eine Gerte von ca. 1,20m Länge

Wo Sie auch ohne Reitanlage üben können

Bodenarbeit
Ideal wäre ein extra abgestecktes Übungsviereck, mindestens 15 x 15 Meter. Aber auch in einem Auslauf oder auf der Weide ist konzentriertes Üben möglich, sofern ein einigermaßen trockener, ebener Untergrund zur Verfügung steht und man andere Pferde für die Zeit des Übens aussperren kann.
Und wenn auch das nicht geht, tut es auch ein ebener, nicht zu schmaler Weg, der wenig von Fußgängern oder Fahrzeugen frequentiert wird. Direkt nach der Ernte stehen auch Wiesen oder Stoppelfelder mit Genehmigung des Eigentümers zur Verfügung. Doch ist es hilfreich, einen Untergrund zu wählen, wo man nicht zu sehr auf die eigenen Füße achtgeben muss!
Reiten
Zusätzlich zu den Gegebenheiten, die für die Bodenarbeit in Frage kommen, steht das gesamte Gelände zur Verfügung. Gelände ist allerdings nicht gleich Gelände. Flach oder hügelig, weicher oder harter Boden, gewunden und unübersichtlich oder monoton geradeaus, bewaldet oder offen, einsam oder überfüllt – es gibt viele Möglichkeiten. In den meisten Gegenden sind Strecken, die sich zum Traben oder Galoppieren eignen und länger als 500 Meter sind rar. Zum Glück erfordert der folgende Trainingsplan kein ideales Geläuf. Und wem das eigene Gelände in den letzten Jahren langweilig und öde vorkam, wird feststellen, dass von nun an keine Zeit für Langeweile mehr bleibt.
Denkanstoß
Wer schon durch mangelnde Infrastruktur gezwungen ist, das Pferd winters wie sommers im Gelände zu trainieren, sollte sich überlegen, ob er sich zusätzliche Beschränkungen durch den Hufschutz des Pferdes auferlegen möchte! Nur wenige Pferde können auf wirklich jedem Untergrund entspannt (das ist wichtig!!) barhuf laufen. Nicht zu grob geschotterte Wege sind für ein hufgeschütztes Pferd (Eisen, Kunststoffbeschlag oder wirklich zuverlässig haltende Hufschuhe) gut begehbar und bieten sehr oft einen sehr guten Untergrund für Übungseinheiten. Für Barhhufpferde bleiben oft nur sehr wenige Strecken übrig, auf denen sinnvoll gearbeitet werden kann, denn unabdingbare Voraussetzung für jede gymnastizierende Arbeit ist, dass das Pferd vertrauensvoll auffußen kann!
Und noch eine letzte Erklärung zu den Arbeitsplänen vorab:
Da es ohne Reitplatz oder Halle normalerweise nicht möglich ist, eine Arbeitseinheit so kontinuierlich durchzuziehen wie mit, sind alle Arbeitsanweisungen so zu verstehen, dass man sie im Laufe eines Ausrittes, eines Spaziergangs oder einer gewählten sonstigen Trainingseinheit unterbringen sollte. Diese können vor allem im Gelände immer wieder unterbrochen werden, wenn z.B. ein steiles Bergab-Stück kommt, eine Straße überquert werden muss usw. Außerdem können sie jederzeit mit den normalen Ausreitgewohnheiten gemixt werden. Wenn also die einzige Galoppstrecke Ihres Gelände naht, dürfen Sie sie sich ruhig gönnen – es sei denn, Sie beschließen, sie heute einmal aus Übungs- und Disziplingründen im Schritt zu gehen!

Die ersten 7 Tage:
Tag Eins
Tag 1, Bodenarbeit:
Abfragen der Grundlagen:
– Losgehen, Anhalten, Losgehen
– Rechts und links abwenden
– Führen auch von rechts.
– Rückwärts richten.
– Seitwärts übertreten lassen.
– Längere Zeit stillstehen.
– Traben an der Hand mit Übergängen zum Schritt
Worauf es ankommt:
Das Pferd sollte alle Anforderungen prompt ausführen! Wenn es das nicht tut, bestehen Sie darauf! Auf die Kleinigkeiten kommt es wirklich an. Wenn Sie antreten soll Ihr Pferd dies fast im selben Moment auch tun und wenn Sie anhalten, hält es auch sofort an! Es darf weder stürmen noch sich ziehen lassen und es darf Sie auf gar keinen Fall anrempeln! Verschaffen Sie sich den nötigen Platz!

Tag Zwei, Grundlagen unter dem Sattel
– Aufsteigen – versuchen Sie es auch von rechts! Notfalls stellen Sie ihr Pferd erst einmal etwas tiefer, bzw. suchen sich einen Stein o.ä. als Hilfe
Anreiten und anhalten
– Schlangenlinien, oder bei genügend Platz: Volten nach rechts und links reiten. Darauf achten, wo das Pferd seine steifere Seite hat.
– Anhalten und rückwärts gehen lassen
– Seitwärts richten lassen – suchen Sie sich am besten eine feste Begrenzung dafür, z.b. einen Zaun.
Worauf es ankommt:
Auch hier ist es vor allem wichtig, auf der prompten und willigen Ausführung dieser ersten einfachen Übungen zu bestehen! Geduld ist wichtig – aber ebenso sehr Konsequenz! Anfixiebare Punkte im Gelände, z.B. ein bestimmter Zaunpfosten, Feldstein oder Baum, markiert die Stelle, an der das Pferd zum Stehen kommen soll! Setzen Sie auch Ihre Stimme ein.
Das Tagebuch leistet gute Dienste um festzuhalten, was gut geklappt hat und wo es haperte. Dinge, die mangelhaft klappten, stehen beim nächsten Mal wieder auf dem Übungsprogramm und zwar vor den neuen Übungen! Also: So lange das Halten aus dem Schritt nicht unbedingt und sofort klappt, wird kein Halten aus dem Trab geübt.

Tag Drei
Bodenarbeit:
– Überprüfung von Tag 1. Vermehrt rückwärts und seitwärts richten. – Seitwärts parallel zu geraden Linien.
– Seitwärts auf einem Kreisbogen.
– Vorhandwendung um den Menschen herum.
– Aus dem Rückwärts richten antraben. Aus dem Trab halten.
Alle Übungen auch aus der Führposition von rechts ausführen!
Worauf es ankommt:
Reagiert das Pferd heute schon schneller auf die Anforderungen? Gut! Die Freude sollte dem Pferd unbedingt mitgeteilt werden! Und wenn nicht gilt es, die Gleichförmigkeit der verwendeten Kommandos zu überprüfen und ob die Position zum Pferd verändern werden könnte oder sollte.
Bei den Seitwärtsbewegungen kommt es noch nicht auf eine bestimmte Stellung oder Biegung an. Das Pferd sollte jedoch in einem gleichmäßigen, nicht überhasteten aber auch nicht schlurfenden Tempo seitwärts treten, wobei es immer eine leichte Vorwärtstendenz behalten sollte.

Tag Vier
Unterm Sattel
Inhalt: Arbeit unter dem Sattel: Überprüfung von Tag 2
– Es geht schon an die Verfeinerung der Hilfen zum Anhalten aus dem Schritt.
-Volten und Schlangenlinien um Bäume oder andere natürliche Hindernisse herum fordern die Biegsamkeit. Auf einem Paddock o.ä. Platz helfen Weidezaunpfähle als Slalomstangen, um viele „Kringel“ darum herum zu reiten.
Worauf es ankommt:
Bei allen Bögen und Volten ist es wichtig, dass sie genau so groß werden, wie sie geplant waren und die Bögen sollten nicht zu klein angelegt werden. Der Körper ist der wichtigste Hilfengeber für jede Wendung. Blick und Schultern leiten die beabsichtigte Wendung ein. Das Pferd sollte weder schleichen noch stürmen, wenn es an die Biegungen geht. Steife Pferde versuchen sich gern auf diesem Wege zu entziehen.

Tag Fünf
Pause
Gönnen Sie sich und Ihrem Pferd einen entspannten Ausritt, und untersuchen Sie Ihr Gelände auf Möglichkeiten, wo sinnvoll trainiert werden kann. Sie brauchen zum einen Wege, die möglichst reizarm sind, guten, ebenen Boden haben und somit Möglichkeiten zur dressurmäßigen Arbeit bieten. Zum anderen sind aber auch „Abenteuerstrecken“ mit Schreckgespenstern, Gräben, Berg-und-Tal-Strecken, Bachdurchquerungen, steilen Böschungen, Brücken, Knüppelholz, Gestrüpp, Siloplanen und und und interessant.
Trotzdem ist es unbedingt hilfreich, auf den Kleinigkeiten auch beim gemütlichen Dahinschlendern zu bestehen.

Tag Sechs
Bodenarbeit
Wer keinen Pacour aufbauen kann oder möchte, verlegt die Bodenarbeit in ein möglichst abwechslungsreiches Stück Gelände, bzw. baut in einen normalen Spaziergang alles ein, was sich anbietet. Versuchen Sie, ob Sie ihr Pferd eine steile Böschung hinaufschicken können. Lassen Sie es entlang von gefällten Baumstämmen seitwärts gehen. Ein Windbruch im Wald? Prima! Tasten Sie sich mit Ihrem Pferd bedächtig hindurch, Schritt für Schritt. Siloballen die mit wenig Abstand am Wegesrand liegen? Ob man sich mit dem Pferd dazwischen hindurchschlängeln kann? Versuchen Sie es!
Worauf es ankommt:
Alle Bodenhindernisse sollten langsam und bedächtig absolviert werden. Das Pferd sollte zum Hingucken veranlasst werden. Immer wieder anhalten und gemeinsam nachdenken hilft.

Tag Sieben
Unterm Sattel
Was am Boden Spaß machte, ist jetzt auch unter dem Sattel dran. Beschränken Sie sich auf die Dinge, die sicher vom Boden geklappt haben, denn was dort nicht funktioniert, scheitert unter dem Sattel meist erst recht.
Bilanz der ersten Woche
Ziehen Sie nach dieser ersten Woche eine Bilanz. Listen Sie auf: Was genau habe ich alles von meinem Pferd gefordert? Was hat ganz leicht geklappt, wo hat es gehapert, ist aber schon besser geworden, wo hapert es immer noch und was hat überhaupt nicht geklappt? Registrieren Sie auch kleine Fortschritte und nehmen Sie Misserfolge einfach als Tatsache hin. Hier müssen Sie eben noch üben. Und nicht zuletzt: Freuen Sie sich an dem, was gut geklappt hat!
Worauf es ankommt:
Um in einer guten Atmosphäre mit dem Pferd arbeiten zu können, ist es wichtig, Übungseinheiten möglichst mit Dingen zu beginnen und zu beenden, die gut und sicher klappen. Deshalb ist es wichtig, dass Sie sich bewusst sind, was leicht, mit Schwierigkeiten oder gar nicht geht.
Die zweiten sieben Tage: Beweglichkeit und Gefühlsschulung
Nicht nur das Pferd soll beweglicher werden. Ohne eine gewisse Fitness und Gefühlsschulung des Reiters geht es nicht. Schenken Sie sich selbst mehr Aufmerksamkeit beim Reiten und im Umgang mit dem Pferd!