Schon lange hat der kundige Zuschauer hoher Dressurprüfungen den Eindruck, dass eine enge Halseinstellung allzu oft mit hohen Punkten belohnt wird. Alles Einbildung? Keineswegs, wie nun eine im Veterinary Journal veröffentlichte Studie beweist (Comparison of the head and neck position of elite dressage horses during top-level competitions in 1992 versus 2008. By: Morgan J.J.O. Lashley, Sandra Nauwelaerts, J.C.M. Vernooij, W. Back & Hilary M. Clayton).
Untersucht wurde anhand von jeweils 15 Finalisten im Grand Prix bei den Olympischen Spielen 1992 und dem Grand Prix beim World Cup Finale 2008, ob sich der Halswinkel der Top-Dressurpferde verändert hat und inwieweit ein Zusammenhang zwischen Halseinstellung und Bewertung besteht. Ausgewertet wurden der versammelte Galopp, der versammelte Trab sowie Piaffe und Passage.
Die Ergebnisse: 1992 gingen die Pferde tendenziell im versammelten Galopp und Trab mit der Nase hinter der Senkrechten. 2008 war das ebenfalls der Fall. Allerdings war diese Tendenz außerdem in der Piaffe und Passage festzustellen. Darüber hinaus konnte anhand der Prüfung von 2008 ein unverkennbarer Zusammenhang zwischen Halswinkel und der Höhe der vergebenen Punkte nachgewiesen werden. Mit anderen Worten: War das Pferd hinter der Senkrechten, gab es höhere Punkte.
Das Reglement der FEI hat sich im Laufe der Jahre übrigens nicht geändert, nach wie vor gilt hier Artikel 101, dass die Nase leicht vor der Senkrechten sein sollte.
Auch wenn nur zwei Prüfungen untersucht und die Studie damit nicht als repräsentativ gelten mag – sie lässt dennoch den Schluss zu, dass das zu enge Einstellen der Pferde von den FEI-Richtern nicht geahndet, sondern vielmehr belohnt wird.
Quelle:
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1090023314003657
Passend zum Thema: Internationaler Richter Truppa fragt sich, ob das FEI-Reglement noch „etwas wert ist“, da sich kaum mehr jemand an das Reiten mit der Nase vor der Senkrechten halten würde (englischsprachiger Link).