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Standpunkt: Die Mär vom „selbstbestimmten Fressen“

Dieser Tage landete ein Buch auf meinem Schreibtisch, das von einer Tierkommunikatorin geschrieben und in einem großen deutschen Pferdebuch-Verlag veröffentlicht worden ist. Nein, es geht jetzt nicht um Tierkommunikation – da möge doch jeder selber dran glauben oder eben nicht.

Und für gewöhnlich greife ich ja auch nicht jeden Unsinn auf, der mir unterkommt, da aber die Buchauflage nicht klein sein wird, nehme ich mir das jetzt hier mal vor: Es geht um die „Fütterungsempfehlungen“ in diesem Buch.

Im Gespräch mit Pferden hat die Autorin nämlich erfahren, dass Pferde nur das fressen, was gut für sie ist: Neben unbegrenzten (!) Heu und Gras, gern auch zwischen zwei bis acht Liter Hafer. Dazu dann (ebenfalls in der Menge, wie Pferd es mag) u.a. Fenchel, Kartoffeln, Beeren, Papayas. Zitat aus dem Buch „Noch kein einziges Pferd hat zu mir gesagt: ‚Die Fruktose tut mir nicht gut‘, das ist ein Irrglaube.“ Spätestens an der Stelle entwickelte sich in mir das dringende Bedürfnis, die Autorin einmal zu schütteln. Und zu fragen, ob sie jemals schon beispielsweise etwas von einer Insulinresistenz  gehört hat. Oh, pardon, vermutlich hat nur noch kein Pferd mit ihr darüber geredet.

Bild mit Hafer und Möhren
Pferde wissen was gut für sie ist und fressen nicht zuviel. Das ist gefährlicher Blödsinn. Foto: www.slwik.com

Und wenn das Pferd doch einmal etwas frisst, was nicht gut für es ist und sogar daran stirbt? Tja, dann – und ich hoffe die geneigte Leserschaft sitzt, sonst fallen Sie nämlich gleich um–  dann hat das Pferd Suizid begangen. In dem Fall ging es um eine Stute, auf deren Auslauf massenhaft Eicheln lagen.

Was auch immer die Stute wollte: Der Mensch hat versagt. Es ist unsere verdammte Verantwortung dafür zu sorgen, dass unsere Pferd gut und nicht überversorgt sind – das kann man nicht einfach den Pferden überlassen und wenn es schief geht mit den Schultern zucken und sagen: „Hach ja, das Tier wollte wohl nicht mehr leben.“

Glaubt das nicht! Eure Pferde bezahlen andernfalls mit ihrem Leben dafür.

Ach ja: Und der erste, der mir jetzt ein Video schickt, auf dem Pferde auf dem Acker Kartoffeln ausbuddeln, dem schenke ich das hier besprochene Buch. Hier wird es auf jeden Fall kein Zuhause finden.

 

 

17 Responses

  1. A. Holm
    | Antworten

    Was mich besonders schockiert, ist die Aussage, dass dieses „Werk“ in einem renommierten Verlag erschienen sei. Gibt es dort kein fachkundiges Lektorat oder zählen doch nur die potentiellen Verkaufszahlen? Ich finde es fahrlässig, dass solche indiskutablen Aussagen zur Pferdefütterung scheinbar ungeprüft veröffentlicht werden. Hier verspielt ein Verlag den Glaubwürdigkeitsvorsprung, den er vielleicht gegenüber dem www doch noch hat. Außerdem riskiert er, dass Pferde erheblich zu Schaden kommen oder gar verenden.

  2. Katja Huwald
    | Antworten

    Da fällt mir prompt die damalige Stute einer Bekannten,der sehr auf Tierkommunikation schwört und die selbst ein bisschen derartig unterwegs ist, ,ein: Erst wurde das Pferd nach einer Kolik-OP gerettet. Monate später,nachdem das Pferd sogar wieder reitbar war,womit niemand gerechnet hätte, ließ man sie auf den Reitplatz zum frei bewegen. Leider verfing sich der Schweif in der E-Zaun-Spirale, womit der Reitplatz geschlossen wurde. Das Pferd geriet in Panik,rannte los und die Spirale riss ab und klatschte ihr nochmal auf den Hintern. Das Pferd rannte quer über den Reitplatz und sprang hinten über den Zaun, der an einer Straße lag. Sie rannte noch ein Stück die Straße runter,rutschte aus und brach sich mehrere Knochen. Die TÄ konnte nur noch zum Einschläfern kommen.
    Nachdem die Besitzerin einige Zeit später den Schock verdaut hatte, kommentierte sie den ganzen Vorfall mit ; Ich glaube,sie wollte sterben…

  3. Hartmut
    | Antworten

    …solcher Unfug ist durchaus noch steigerungsfähig: Ich sah im Netz ein Angebot zu telepathischer Vermittlung eines Austauschs zwischen Pferd und besitzendem Mensch – sogar per Telefon!
    Immerhin liegt da die „Suizidgefahr“ bzw. das Sich-zu Tode-Fressen nicht so nahe.

  4. eva
    | Antworten

    Mein Pony hat gerade noch die Kurve von dem EMS Syndrom gekratzt und wir doktoren immer noch am Husten herum, der mit Stoffwechselprobleme Hand in Hand geht. Allerdings würde mein Pony – auch wenn es Heu At Libitum bekommt, sich an Möhren und Apfeln zu Tode fressen, wenn er dürfte.

    Als Metapher kann ich nur sagen: Katzen würden kein Whyskas kaufen, sondern Leberwurst – und daran verrecken.

  5. Berit Wendland
    | Antworten

    Ich fasse es nicht, daß so ein Buch wirklich gedruckt wird! Das ist nicht mehr lustig…..

  6. Viola Abri
    | Antworten

    über alles was mit Pferden zu tun hat gibt es diverse und Kontroverse Meinungen von denen nicht wenige den Pferden schaden. sei es beim Reiten, die Fütterung und die Haltung.
    Allerdings habe ich einen Hengst aus Polen und dort werden die Pferde mit gekochten Kartoffeln gefüttert. Meinem Hengst sind sie sehr gut bekommen. Die nur eine Anmerkung zu den Sitten anderer Länder und nein, bei mir bekommt er seit 20 Jahren keine Kartoffeln mehr

    • Marion
      | Antworten

      Dass Pferde in anderen Ländern anderes Futter bekommen, und auch vertragen, als in Deutschland (in Italien z.B. die Johannisbaumfrucht) ist eine Sache, siehe Kartoffeln in Polen.
      Dass ich zuvor mit dem Pferd im Gespräch kläre, was es essen möchte und wie viel, das ist die andere Sache. Esoterik hat wohl aktuell Hochkonjunktur.
      Danke für für die Illustration durch das Beispiel zu diesem guten Beitrag!
      Nochmals Kartoffeln: Sind hier leider schon geerntet. Aber nächstes Jahr schickt mein Pferde ein Foto, wie es erntet (-;

  7. Imke
    | Antworten

    Meine Haflinger würden das Buch sofort kaufen. Das wäre genau nach ihrem Geschmack. Gut, dass sie nicht bestellen können und der Futterbereich gesichert ist.

  8. Renate
    | Antworten

    Das Foto mit den Möhren ist recht unglücklich gewählt, denn dadurch verliert der Satz mit den „Kartoffen ausbuddelnden Pferden“ an Effekt, denn Möhren buddeln Pferde ebensowenig aus, und Möhren sind doch recht üblich als Belohnungsfutter. – Bevor es Missverständnisse gibt : ich bin auch gegen das säckeweise verfüttern von Möhren als „Grundfutterbestandteil“, aber als „Leckerli“ sind sie vermutlich eher geeignet als industrielle Leckerlis. Kartoffeln würde ich dagegen nie geben. Von daher finde ich die o.g. Fotowahl in Kombi mit dem witzig gemeinten Satz als eine etwas unglückliche Kombination..

  9. Martina
    | Antworten

    Warum wohl „erzählen“ die Pferde nur von Bekanntem der „Kommunikatorin“? Wenn Pferde erzählen (würden), kämen da Gedanken zustande, die wir völlig strange finden würden oder erst mal gar nicht verstehen. Was sich die Kommunikatorin sich morgens ausdenkt, wird das Pferd das beim Kundentermin „erzählen“. Ein pfiffiges Geschäftsmodell. Muss man erst mal drauf kommen.

    • Berit Wendland
      | Antworten

      Hahaha, das stimmt:-)

  10. Petra
    | Antworten

    Wie Einstein schon sagte: zwei Dinge sind unendlich : das Universum und die menschliche Dummheit – wobei ich mir beim Universum nicht sicher bin.

  11. Wiebke
    | Antworten

    Ich hab mich auch gefragt woher der Wunsch nach Papaya kommt- kennen ja nicht mal alle Menschen. Habe das Buch auch und empfinde es als Fehlkauf

    • Carina
      | Antworten

      Definitiv Fehlkauf. Außer zum heizen im Winter.

      • Jacqueline
        | Antworten

        welches Buch ist das?
        bin nun schon mehrfach über über Bücher zur Tierkommunikation gestolpert, weil es mir als Werbung angezeigt wurde. drum wüsste ich gern welcher Kauf sich nicht lohnt.

    • Carla Keller
      | Antworten

      EMS hat die Kommunikatorin dann wohl auch noch nie angetroffen. Und so ziemlich jeden Wallach, der nicht die hellste Kerze auf dem Weihnachtsbaum ist. Klingt eher nach unserer 33-jährigen Kaiser-Ponystute. Weil die Welt ja aus Kaiserstuten besteht…

    • Jacqueline
      | Antworten

      um welches Buch geht es denn?

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