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Interview mit Ursula Bruns: Mit viel Lob und Leckerlis

Seit den 50er Jahren engagierte sich Ursula Bruns (1922-2016) für artgerechte Haltung, fachgerechten Umgang und schonende Reitweisen. Mit der „Pony Post“ gründete sie 1958 die erste Zeitschrift für Ponyfans, 1969 wurde das Magazin umbenannt in „freizeit im sattel“ und richtete sich (bis zu seiner Einstellung im Jahr 2008) an Freizeitreiter mit Pferden aller Rassen. Ursula Bruns eröffnete das FS Reit-Zentrum Reken, war Gründungsmitglied des Vereins der Freizeitreiter (VFD) und machte neben den Islandpferden viele andere töltende Rassen in Deutschland bekannt. Mit einem Wort: Sie krempelte die deutsche Reiterszene gründlich um. Wie und womit sie ihre Pferde lobte, fragte Stefanie Simon für die Dressur-Studien Ursula Bruns.

Für viele ist es eine Grundsatzfrage: Sind Futtergaben beim Loben sinnvoll? Wie ist das bei Ihnen, haben Sie Ihren Pferden Leckerchen gegeben?
Aber ja, ich habe immer etwas in der Tasche gehabt, wenn ich zu den Pferden ging – Zuckerchen oder Brot. Ich bin nie grundsätzlich gegen etwas. Wir sehen viele Dinge zu stur, besser ist eine individuelle Sichtweise. Es gibt gierige oder dreiste Pferde, denen würde ich nichts geben. Aber sonst? Ich habe meistens meine Pferde mit Brot begrüßt, sie kamen daher gern zu mir. Das war mir wichtig: Ich wollte mit meinen Pferden zusammen sein und wollte, dass sie gern mit mir zusammen sind. Ich habe mit den Pferden gearbeitet, aber nicht verbissen, sondern wir haben herausgeholt, was in ihnen steckt. Pferde machen gern etwas gemeinsam mit dem Menschen. Ich habe mir nie das Ziel gesetzt, bestimmte Turnierklassen von A bis S zu reiten. Ich wollte mit den Pferden zusammen sein, gemeinsam die Welt kennen lernen. Und ich habe mir von ihnen zeigen lassen, wie ihre Welt aussieht.

Dann spielt für Sie das Futter beim Loben eher eine untergeordnete Rolle?
Pferde lernen schließlich durch Lob. Und Futter empfinden sie als Lob. Aber es gibt Situationen, da hilft Ihnen diese Methode wenig. Ich habe als erster Europäer einen 100-Meilen-Distanzritt mitgemacht. Da kann ein Zuckerchen nicht motivieren. Das Pferd muss gut trainiert sein, und dann reite ich los und habe Freude daran. Diese Dinge muss man gern tun, dann kommt der Erfolg von selbst. Ich sehe oft Reiter, die sich totärgern, weil irgendetwas nicht klappt, weil der „Bock“ nicht gehorcht. Nein, das ist einfach falsch. Eine Lektion, ein Turnier – so etwas ist für mich kein Ziel. Ich lege mit meinem Pferd einen langen, gemeinsamen Weg zurück, das ist das Wesentliche.

Wie haben Sie Ihren Pferden vermittelt, dass die gemeinsame Arbeit Spaß machen kann?
Ich stelle ihnen interessante Aufgaben, wie in dem Spielepark in Reken. Man muss ja ein Pferd nicht immer nur reiten. Man kann auch spielerisch sehr korrekt arbeiten. Und die Pferde haben mitgemacht – nur etwas Zeit muss man mitbringen, so motiviert man sein Pferd. Ich halte wenig von so genannten Pferdeflüsterern, die ein Pferd in drei Minuten praktisch umerziehen wollen. Das geht nicht.
Wir hatten in Reken oft absolut unhandelbare Pferde. Verbrecher, so hieß es. Nach einem Monat waren die Verbrecher immer ruhig und friedlich geworden – mit konsequenter, ruhiger Arbeit. Zu unserer Arbeit gehörte auch immer Futterlob oder Leckerli, das spielt für die Kooperation schon eine große Rolle. Ebenso wichtig ist aber, das Pferd artgerecht zu halten. Wir haben die Pferde zu Pferden gebracht, sie sind nun mal Herdentiere. Das gilt übrigens auch für die Arbeit mit dem Pferd. Sie müssen erst mal eine ruhige, friedliche Atmosphäre schaffen. Diesen Frieden kann nur eine Herde vermitteln. Und der Mensch muss dann nur noch sehen, dass er diese Atmosphäre nicht zerstört. Kontakt zu Artgenossen ist für Pferde existentiell. Ein Pferd, dass den ganzen Tag auf drei mal drei Metern eingesperrt ist, auf seinen eigenen Exkrementen steht, das ist doch wie ein Hochleistungssportler, der in einer Toilette lebt.

Frau Bruns, vielen Dank für das Gespräch!

 

Informationen zu Ursula Bruns in der Wikipedia