Die erste Pressemittelung vom Xenophon e.V. war etwas kryptisch: Der Tierarzt und Xenophon-Mitbegründer Gerd Heuschmann trete auf eigenen Wunsch, wegen unüberbrückbarer inhaltlicher Differenzen, von seinem stellvertretenden Vorstandsposten zurück. Wenig später tritt Heuschmann ganz aus dem Verein aus. Damit kam er einem möglichen Ausschlussverfahren zuvor. Anlass für die heftige Kritik an Heuschmann, ist die Art und Weise wie er während seiner Seminare Pferde reitet.
Xenophon-Vositzender und Olympiagewinner Klaus Balkenhol ist alles andere als glücklich über die Situation: „Bei uns haben sich in den vergangenen Monaten die Beschwerden über das Reiten von Gerd Heuschmann gehäuft“. Seit geraumer Zeit bietet der Veterinär und Buchautor während seiner Seminare nicht nur seine biomechanischen Vorträge an, sondern hält auch einen reitpraktischen Teil ab. Heuschmann, der auch eine Bereiterlehre absolviert hat, setzt sich selber in den Sattel der vorgestellten Pferde. Frei nach dem Xenophon – Motto „Richtig reiten reicht“ versucht Heuschmann die oftmals verrittenen Pferde „gesund zu reiten“. Dabei nutzt er Teile (und nicht die ganze Systematik) der Methoden von Philippe Karl (Hohe Hand) und Anja Beran (seitliches Übertreten lassen), um sie bei den Kurspferden anzuprobieren. „Bei diesen ´Korrekturritten` ist es dann aber zu unschönen Bildern gekommen, die die Beschwerden bei uns zur Folge hatten“, berichtet Balkenhol. Der Xenophon-Vorstand habe in langen Einzelgesprächen mit Gerd Heuschmann versucht, den Tierarzt davon abzubringen, während seiner Seminare selber in den Sattel zu steigen – vergebens. Balkenhol sei zweimal bei Heuschman gewesen, habe lange mit ihm gesprochen: „Gerd hat soviel mit seinen hervorragenden, biomechanischen Vorträgen erreicht, es ist einfach traurig, dass er sich das jetzt durch seine Reiterei kaputt macht. Doch ich habe es leider nicht geschafft ihn davon zu überzeugen.“
Als Ergebnis dieser Gespräche, legt Heuschmann Ende Mai seinen Vorstandsposten nieder.
Zwei Wochen später gibt er ein Seminar in der Nähe von Mainz. Der Tierarzt setzt sich auf einen offenbar undurchlässigen Friesen, der weder Schenkel- noch Zügelhilfen akzeptieren mag. Profi-Fotografin Julia Rau hält diesen 25-minütigen Ritt mit ihrer Kamera und großem Teleobjektiv im Bild fest (Link zur Bilderstrecke). Heuschmann lässt sich davon nicht irritieren und reitet den Friesen „Korrektur“. Die Bilderserien und die Zeitstempel auf den Fotos zeigen deutlich: Es sind keine zufälligen Momentaufnahmen.
Vom der Redaktion des St. Georg auf die Fotos angesprochen, zeigt sich Heuschmann erst reumütig: „Der Fehler, den ich wahrscheinlich gemacht habe, ist, dass ich überhaupt auf dieses Pferd gestiegen bin“, sagte er kleinlaut.
Doch am selben Tag, als der St. Georg erscheint, erklärt der Tierarzt via seiner Homepage: „Seit Mitte Juni stehe ich im Fokus kritischer Berichterstattung. Diese Hexenjagd hat die unterschiedlichsten Motive, zu denen ich hier nichts sagen möchte. Ich habe keinen Fehler gemacht und werde meine Arbeit deshalb unbeirrt fortsetzen. Aus diesem Grund bedarf es keiner Rechtfertigung. Trotzdem der kurze Hinweis darauf, dass unschöne Situationen bei der Arbeit mit Korrekturpferden täglich und unter jedem Reiter entstehen können.“
Die FN hat ohne viel Aufhebens die Zusammenarbeit mit ihm komplett eingestellt, Heuschmanns Seminare sind damit als Trainerfortbildung nicht mehr anerkannt. So dürfte er in Zukunft auf FN- aber auch FEI-Ebene wohl nicht mehr zu Wort kommen.
Von den DS auf die Vorwürfe und Bilder angesprochen, lud er erst zu einem Seminar ein, um wenige Stunden vor Beginn mitzuteilen, dass das Fotografieren verboten sei und er auch nicht Reiten werde. Per Mail zugeschickte Fragen blieben bisher unbeantwortet.
Dabei ist die Zeit knapp: Anfang August bricht er zu einer dreiwöchigen „USA-Tour“ auf, wo er Seminare anbietet – mit praktischem Reitteil. (cls)