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Standpunkt: Die Lob-Klatscher

„Feines Reiten“, „Sensibilität“, oder „Einfühlsamkeit“ sind wunderbare Schlagwörter, mit denen Sie ein Reiterstübchen oder virtuelle Foren auf Knopfdruck in eine muntere Gesellschaft verwandeln können. Schließlich wollen wir das doch alle sein oder können, nicht wahr?

Und darum ist es einfach nicht in den Kopf zu bekommen, warum gerade diese Reiter und Reiterinnen ihre Pferde loben, als ob sie ein Schnitzel bratpfannentauglich hauen wollten. Da wird ausgeholt  „patsch, patsch, patsch“ und so lange und laut auf den Pferdehals getrommelt bis auch die letzten Schuppen aus dem Mähnenkamm gefallen sind. Je größer die Freude, desto länger und ausdauernder hält dieses Stakkato an.

Wir erinnern uns: Pferde sind die Tiere, die selbst die kleinste Fliege auf ihrem Fell spüren. Ob sie sich wirklich freuen, wenn der Mensch klatschend sein Lob übermittelt? Erfreulicherweise sind Pferde ja aber auch sehr intelligent und verzeihen ihrem Menschen diese hämmernden Freu- Attacken und lernen schnell:  „Aha, wenn es auf meinen Hals trommelt, freut es sich.“

Sehr schön auch die Reaktion eines ehemaligen Oberbereiters der Wiener Hofreitschule während eines Seminares. In der ruhigen Atmosphäre fielen die Zuschauer fast von ihren Bänken, als eine Reiterin voller Begeisterung ausgiebig ihr Pferd „hauend lobte“. Freundlich erklärte er, warum er diese Art des Lobens doch als unpassend empfinden würde. Doch diese Erklärung muss durch das eine Ohr der Reiterin hinein und durch das andere direkt wieder hinaus gerauscht sein. Wenige Momente später lobte sie ihr Pferd wieder so geräusch- und schmerzvoll.  Der Wiener holte tief Luft: „Gnädige Frau, gehen sie so auch mit ihrem Mann um?“ Wenigstens in dieser Stunde blieb dem Tier die „handfeste“ Freudenreaktion erspart.

Natürlich lässt sich jetzt einräumen, dass es nun Schlimmeres als diese Art des Lobens gibt. Zumal die Pferde es ja durchaus auch als Belohnung wahrnehmen, wenn sie entsprechend konditioniert worden sind.

Wer aber für sich in Anspruch nimmt „fein zu reiten“, der sollte doch genauso feinfühlig loben. Wetten, dass das so manches Pferd freuen würde?

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