In unserer Ausgabe „Das Notfall-Heft: Erste Hilfe“ können Sie ein „Extra“ zum Thema Impfungen nachlesen, dabei stellen der Wissenschaftler Peter Thein und die Homöopathin Sabine Müller ihre Ansichten vor.

Hier folgt jetzt die Meinung von Tierärztin und Boehringer-Mitarbeiterin Dr. Franziska Aumer.

 

Gesundheitsvorsorge: Impfen wir zu viel oder zu wenig?

Standpunkt von Dr. Franziska Aumer, Tierärztin bei Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH

 

„Impfungen sind eine wichtige, wenn nicht sogar die wichtigste Maßnahme zur Verhinderung von Infektionskrankheiten und deren Verbreitung“, sagt Dr. Franziska Aumer. Sie kann die gefühlt zunehmende Impfmüdigkeit deshalb nicht ganz nachvollziehen. Als Regionaltierärztin Pferd beim Pharmaunterunternehmen Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH berät sie sowohl Tierärzte als auch Pferdebesitzer zu Infektionskrankheiten und deren Prophylaxe und Behandlung.

 

Tetanus

Auch wenn Aussagen über eine Schutzdauer von acht bis 15 Jahren im Raum stehen, lässt sich aus der Sicht von Franziska Aumer nicht so klar sagen, wie häufig ein Pferd wirklich gegen Tetanus geimpft werden müsse. Denn Impferfolg und Schutzdauer seien auch von der individuellen Konstitution des jeweiligen Pferdes abhängig. Sicher sei aber, was in Zulassungsstudien bewiesen wurde. „Jedes Medikament und jeder Impfstoff muss umfangreiche Zulassungsstudien bestehen und bedarf einer Zulassung durch die zuständige Zulassungsbehörde (in Deutschland das Paul-Ehrlich-Institut), bevor es auf den Markt kommt. Die Wirksamkeit der auf dem Markt verfügbaren Tetanus-Impfstoffe wurde über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren getestet und für diesen Zeitraum bestätigt. Aus diesem Grund kann gar keine andere Empfehlung seitens der Pharmahersteller erfolgen. Es heißt demnach aber nicht, dass es nicht über einen längeren Zeitraum funktioniert, sondern nur, dass es nicht bewiesen wurde“, erklärt sie.

Dass es glücklicherweise in Deutschland nur noch selten zu Tetanus-Infektionen kommt, führt sie auf die hohe Impfdichte gut wirksamer und gut verträglicher Impfstoffe zurück. Aus diesem Grund sollte jeder Pferdehalter sein Pferd gegen Tetanus impfen lassen.

 

Pferdeinfluenza

Die Pferdeinfluenza ist eine der ansteckendsten Erkrankungen überhaupt. Auch wenn die großen Seuchenzüge glücklicherweise der Vergangenheit angehören, kommt es regelmäßig zu größeren Influenza-Ausbrüchen. Aus epidemiologischen Gründen werden deshalb Bestandsimpfungen empfohlen. Auch wenn die Impfung nicht vor einer Infektion schützt, kommen geimpften Pferde wesentlich leichter durch die Infektion. Gerade im letzten Winter gab es in Deutschland wieder eine große Influenza-Welle. „Ich bin sicher, hier kann jeder Tierarzt, der einen Influenza-Bestand in seinem Klientel hatte, bestätigen, wie unterschiedlich der Krankheitsverlauf zwischen geimpften und ungeimpften Pferden verlaufen ist. Während ungeimpfte Pferde wirklich schwer erkranken, verläuft die Infektion bei geimpften Pferden deutlich milder und schneller. Im besten Fall erkranken die geimpften Tiere gar nicht“, berichtet die Tierärztin.

 

Für die Tierärztin steht der Nutzen der Influenza-Impfung völlig außer Frage. „Bei Influenza ist der Schutz des Einzeltieres sehr hoch, während sich die Rekonvaleszenz eines erkrankten Tieres über Wochen hinzieht und enorme Tierarztkosten verursacht. Und gerade Betriebe, bei denen wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen, wie Turnierveranstalter, Verkaufs- und Handelsställe oder Reitschulbetriebe, sollten sich natürlich aus Tierschutz- aber auch aus Kostengesichtspunkten immer für eine Impfung entscheiden.“

 

Herpesinfektion

„Auch bei Herpes ist es in der Regel so, dass geimpfte Pferde deutlich unbeschadeter durch eine Erkrankung gehen. Allerdings ist hier der Individualschutz für geimpfte Pferde deutlich schlechter als zum Beispiel bei Influenza. Bei Herpes kann die Impfung eigentlich nur bezwecken, dass ein geimpftes Pferd, wenn es erkrankt, viel weniger Viren ausscheidet, als ein ungeimpftes Pferd. Eine Herpesimpfung trägt erstmal nicht dazu bei, das eigene Pferd zu schützen, sondern die Pferde in der Umgebung. Der Erfolg einer Herpesimpfung ist in hohem Maße abhängig von der Impfdichte. Sind mehr als 80 Prozent der Pferde eines Bestandes geimpft, funktioniert der Impfstoff gut. Werden nur einzelne Tiere geimpft, kann die Herpesimpfung wenig leisten“, erklärt die Tierärztin.

 

Wichtig ist ihr, dass der Tierarzt vor jeder Impfung über die Wirksamkeit und die Risiken einer Impfung aufklärt. „Mit der von der Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet) herausgegebenen „Leitlinie zur Impfung von Pferden“ stehen ihnen wissenschaftlich fundierte Informationen zur Verfügung, die sie bei der Aufklärung der Tierhalter unterstützen“, sagt Franziska Aumer. (Tina Löffler)

 

Interviewpartner:

Mehr Infos zu Dr. Franziska Aumer finden Sie unter https://www.boehringer-ingelheim.de